Interpretationen auf. Bei «The Night Of The Lotus Eaters» kam es mir etwa so vor, als würde da ein klassisches Rock’n’Roll-Sinnbild auf den Kopf gestellt. Früher war der rückhaltlose Rockmusiker die klassische Verkörperung des Lotusessers. In Ihrem Text ist es dagegen der gesellschaftliche Mainstream mit seinem kopflosen Stolpern in den Klimawandel und seinem rasenden Kapitalismus, während der Erzähler sich davon entfremdet fühlt.
Ja, das stimmt. Das ist eine ziemlich akkurate Interpretation. Für mich ist dieser Song ein klassischer Ruf zu den Waffen. Ein Aufruf, auf die Strasse zu laufen, zu plündern und zu brandschatzen. Etwas bürgerliche Unruhe zu stiften. Get your sap!
Das ist ein Wort, das ich gar nicht kannte.
Niemand kennt es, es ist ein Stück Blei in einer Art Ledersocke, mit dem man jemandem über den Kopf schlägt. Und ein «heater» ist englischer Slang für eine Feuerwaffe. Ich singe: «Grab your saps and your heaters and hit the streets». Für mich ist es ein klassischer Song über das Wildsein auf der Strasse.
Was wiederum den im Titelsong vorkommenden Lazarus angeht: Sie haben anderswo schon Ihr Mitgefühl mit dieser biblischen Figur ausgedrückt, weil er von Jesus in die Welt zurückgeholt wird, ohne darum gebeten zu haben. Niemand hat ihn
gefragt, ob er überhaupt auferstehen will. Aber der Lazarus in Ihrem Song scheint sich dabei zumindest am Anfang ganz gut zu amüsieren.
Ja, sicher. Als ich diesen Song schrieb, las ich ein Buch über Houdini, das einen enormen Einfluss auf den Text hatte, denn die Figur des Lazarus ist mit der des Houdini sehr verwandt. Beide sind berühmt dafür, dem Tod zu entrinnen. Und diese Fäden habe ich zusammengezogen, um einen Song daraus zu stricken. Aber es stimmt schon, am Anfang hat er eine gute Zeit dabei.
So weit ich weiss, wandte sich Houdini gegen Ende seines Lebens gegen den Spiritualismus.
Das stimmt.
Und auf dieser Platte verwenden Sie Ihre biblischen Referenzen auf eine auffällig respektlose Weise.
Das ist wahr. Und das verstört mich übrigens auch. Ich glaube, ich bin irgendwie zornig auf die Religion. Ich habe sehr viel Zeit und Gedanken in die Bibel investiert und darin, was sie mir bedeutet. Aber bei der Richtung, in die sich die Religion entwickelt und bei den Greueltaten, die im Namen Gottes begangen werden, wird einem schlecht. Das erklärt vermutlich die leichte Bitterkeit, die heutzutage meine religiösen Metaphern begleitet. Das hat