Stadt und es gibt dort eine ausgeprägte Singer/Songwriter-Kultur mit vielen Open- Mike-Nights, bei denen man fast jeden Abend auftreten kann. Das habe ich am Anfang auch getan, aber das ist mir sehr schnell auf die Nerven gegangen. Es war auf jeden Fall interessant, weil alle Leute, die man dort kennenlernt, Musiker sind oder jedenfalls behaupten, Musiker zu sein. Musik ist dort viel mehr in der Kultur verwurzelt als bei uns. Gleichzeitig ist Dublin eine sehr selbstgenügsame Szene, wo man richtig versauern kann. In der Szene verkehren auch viele Leute, die zweimal in der Woche auftreten, aber keine Ambitionen haben, mehr daraus zu machen. Denen reicht es schon, einfach ihre neuen Songs präsentieren zu können.
Get Well Soon haben im vergangenen Sommer beim ehrwürdigen Glastonbury- Festival in England gespielt. Wie bringt eine unbekannte deutsche Band, die noch keinen Tonträger veröffentlicht hat, einen solchen Coup zustande?
Das war eine Mischung aus Glück und Taktik. Mein Management ist zurzeit in London, und die Leute dort haben die CD einigen Leuten vorgespielt, die sie wiederum anderen Leuten vorgespielt haben, die bei der Programmierung von Glastonbury etwas zu sagen haben, genauer gesagt, der Tochter des Festivalgründers, die eine eigene Bühne kuriert. Die britischen Festivals scheinen da
nicht so bürokratisch zu sein wie die deutschen. Den Organisatoren von Glastonbury war es egal, woher wir kommen und dass noch keine Veröffentlichung da war.
Ist es frustrierend für Sie, dass im Musikgeschäft so viel vom Zufall abhängt? Sind Sie ein Mensch, der die Dinge lieber gesteuert haben möchte?
In dieser Branche gibt es keine Gesetze, das ist nun mal so. In der Musik habe ich schon gerne die absolute Kontrolle, ich habe sehr früh klare Vorstellungen davon, wie ein neuer Song klingen soll und arbeite darum auch lieber allein daran. Alles Geschäftliche habe ich zum Glück an andere Leute weitergeben können und muss mich nicht darum kümmern. Wie die das machen, weiss ich nicht, und ich will es manchmal auch gar nicht wissen. Ich denke, das Geheimnis ist, nicht zu aufdringlich zu sein und den Leuten das Gefühl zu geben, dass sie einen für sich selber entdeckt haben.
Dabei haben Sie als Absolvent der Popakademie Mannheim doch gelernt, wie man sich im Musikgeschäft durchsetzt.
Es ist schon sinnvoll, dass man lernt, wie die ganzen Mechanismen so sind und gewisse Ausdrücke schon mal gehört hat, denn für dieses Geschäft muss man wirklich eine ganz eigene Sprache lernen. Aber ich weiss nicht, ob das Studium eine gute Vorbereitung war, denn ich habe den geschäftlichen Teil nie so