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das kulturelle überformat
Nr. 12 / 6. März 2008
#Geschichte
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dossier: Krautrock
Geschichte

gegründeten Gruppe Guru Guru den Ansatz, der für viele Krautrockbands kennzeichnend war. Tatsächlich hatte der Schlagzeuger zuvor mit der Schweizer Pianistin Irène Schweizer Free-Jazz gespielt, bei Guru Guru erweiterte er das Spektrum später bis zu Calypso, Jodler und Tango.

Als Basis des Krautrock diente meist der Rock, insbesondere der Psychedelic Rock. Hinzu kamen ab 1970 vor allem bei der sogenannten Berliner Schule Sounds und Methoden der elektronischen Musik, die damals ausserhalb der Avantgarde kaum erkundet wurde. Künstler wie Klaus Schulze und Tangerine Dream setzten bald voll auf Synthesizer und Sequencer. Prägend war auch, dass viele Krautrock-Musiker eine solide musikalische Ausbildung genossen hatten und einige sogar Schüler von Avantgarde-Komponisten wie Thomas Kessler (Agitation Free), György Ligeti (Klaus Schulze) und Karlheinz Stockhausen (Can) waren. Sie lösten die vermittelten Impulse aus dem akademischen Rahmen und verwendeten sie im «primitiven» (so Irmin Schmidt von Can) Charakter der Rockmusik.

Überraschend früh integrierten Krautrock-Bands wie Agitation Free auch Elemente aus fremden Musikkulturen und nahmen dabei den Ethno-Boom in Pop und Rock vorweg. Mitgeholfen haben dabei Jazzmusiker wie Charlie Mariano, der sich schon früher mit asiatischer Musik beschäftigt hatte und dies bei der zunächst auf Jazz-Rock ausgerichteten Band Embryo einbrachte. Diese Gruppe ging 1978 auf eine achtmonatige Konzertreise von Deutschland Richtung Indien und spielte dabei stets mit lokalen Musikern, um «den angloamerikanischen Einflüssen zu entfliehen». Daraus entstanden die Dissidenten, eine der wegweisenden Ethno-Pop-Bands. Noch einen Schritt weiter gingen Can. Die Kölner Band wob nicht nur früh Elemente aus Afro und Reggae ein, sondern entwarf mit ihren E.F.S.-Stücken (Ethnological Forgery Series) «gefälschte» Ethno-Musik-Folklore von imaginierten Volkskulturen.