Vorgeschmack aufs Alter, wenn Atemnot und Herzschwäche Normalzustand und nicht Notfall sind. Immerhin ist die Dichte von Bioläden, trotz relativ hoher Preise, auch im armen Kreuzberg erstaunlich gewachsen, so dass man Freunde und Schwestern aus der Nachbarschaft bitten kann, mal eben «von unten» ein paar korrekte Lebensmittel mitzubringen. Das übergangslose Nebeneinander von teurer Gesundheitskost und unangenehmen Billigstdiscountern ist wiederum eine Kreuzberger Besonderheit – so wie vermutlich auch der noch immer schwer abgelehnte McDonald’s, der nun mit Biokaffee wirbt. Der Kampf gegen den Bulettenbrater vor zwei Jahren gehört zu den lustigeren Momenten Kreuzberger Stadtgeschichte – als reihte sich nicht zweifelhafte Dönerbude an gefährliche Hühnerbraterei an verdächtige Frühlingsrollenchinesen, protestierten sogar gestandene Grünenpolitiker gegen das Schnellrestaurant. Dabei sollte es doch in Zeiten von Gammelfleischskandalen eher gelassen stimmen, dass das Konzern-Fastfood immerhin herkunftsklar ist.
In dieser Hinsicht gibt es zumindest während der zwei Wochen Berlinale kaum Probleme, obwohl man sich vor allem von Häppchen und Sponsoren-Getränken ernährt. Vorausgesetzt, man wird nicht aus den entsprechenden Bereichen verscheucht, wie das zur Eröffnung die Rolling Stones mit allen taten, die nicht ganz unmittelbar zu ihrem Hofstaat gehörten. Überhaupt konnte man feststellen, dass erfolgreiche Musiker keineswegs lässiger unterwegs sind als Schauspielerstars, sondern nur, wenn Sie gestatten, anders crazy. So kann man es durchaus zwiespältig finden, dass dies eine extrem musikalische Berlinale war, mit Dokumentationen über Patti Smith (die erwartbar romantisch mit dem Nachtzug aus Paris kam), über den vor 15 Jahren verstorbenen, fragilen Discoproduzenten Arthur Russell und die Cartoonband Gorillaz (deren Regisseur Ceri Levy ein ganz prachtvoller Typ ist); mit einer Regiearbeit Madonnas über Eugene Hütz, Neil Youngs über Crosby, Stills, Nash & Young, und Scorseses, der die Stones abfilmte.