Anfang der Siebziger waren es vor allem Entertainer der alten Schule wie etwa Tom Jones und Shirley Bassey, oder Kommerzschnösel wie The Sweet und Mud, die sich die Songs liefern liessen. Als die Pop-Avantgardisten David Bowie und Bryan Ferry 1973 ganze LPs («Pin-Ups» bzw. «These Foolish Things») mit Fremdmaterial bestückten, kam dies einem Tabubruch gleich. Seither hat Ferry das sogenannte Covers-Album zum zweiten Karrierestandbein entwickelt, das immer dann ausgefahren wird, wenn dem Roxy-Music-Sänger nichts Eigenes einfallen will: für den selbst erklärten Langsamschreiber ein wichtiges Sicherheitsnetz.
«Über fremde Songs komme ich schnell zu neuem Repertoire, ohne mich dafür abmühen zu müssen», begründete Ferry unlängst sein aktuelles Tribut-Projekt «Dylanesque». «Und mit Dylans Songs muss ich auch keine Angst haben, dass die Zuschauer gelangweilt auf die Uhr schauen, wenn ich ein paar davon in mein Konzertprogramm einbaue. Auch wenn diese Stücke keine grossen Hits oder nicht einmal Singles waren, so haben sie sich doch irgendwie im kollektiven Bewusstsein der Leute verankert.»
Dank dem Dance-Sektor, der alte Songs für ein neues Publikum rezykliert, kann sich die Coverversion einer fortschreitenden Legitimation erfreuen; wechselnde Musiktrends haben sie aber auch immer wieder neu definiert. Als die Sugarhill Gang den Hip-Hop 1979 erstmals in die globalen Hitparaden hievte, dachte sie nicht daran, die Disco-Gruppe Chic am Geldsegen zu beteiligen – obwohl der Welterfolg «Rapper’s Delight» ein Remake des Chic-Klassikers «Good Times» war.