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das kulturelle überformat
Nr. 3 / 27. März 2007
#Interview Waiter Rant
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dossier: Blog
Interview Waiter Rant

Und weshalb haben Sie sich entschieden, einen Blog zu starten?

Anfänglich bloss, um mich abzuregen. Mein Blog war für mich gewissermassen a poor man’s psychotherapy. Als Kellner hatte ich Mühe mit gewissen aggressiven Kunden. Und ich suchte nach einem Weg die aufgestaute negative Energie, die ich jeweils mit nach Hause brachte, loszuwerden. Deshalb schrieb ich mir diese Sachen von der Seele. Ansonsten wäre ich wohl krank geworden.

Aber der Blog hat sich weiterentwickelt.


Genau. Mit der Zeit wurden die Texte erzählender. Ich schreibe nicht mehr nur, was mich ärgert, sondern skizziere nun vermehrt den Alltag in diesem Beruf, schildere was ich denke und beschreibe ganz konkrete Erlebnisse zwischen den Angestellten. Das war ein unbewusster und schleichender Prozess. Aber erst seit ich in diese Richtung gehe, lesen es die Leute auch. Der Blog hat seitdem auch regelmässige Einträge. Früher schrieb ich meinen Frust weg und dann Monate nichts mehr. Damals hätte ich allerdings nicht gedacht, dass ich Jahre später immer noch diesen Blog haben würde.

Das Feedback auf Ihre Einträge ist enorm.

Ich bin selber erstaunt, mit welcher Eigendynamik sich das entwickelt hat. Ich hatte als ich begann auch absolut keine Ahnung von

Blogs. Das Einzige, was ich wusste, es war kostenlos einen zu eröffnen (lacht) – das war Grund genug. Gelesen hat ihn – wie bereits gesagt – kein einziger Mensch. Aber das war mir egal. Und jetzt all diese Reaktionen darauf ermutigen einen schon auch weiter zu machen.

Aber Sie erhalten manchmal bis zu 200 Kommentare innerhalb einer Stunde. Das kann auch beängstigend sein.

Da haben Sie recht. Andererseits ist dies die einzige Möglichkeit für mich überhaupt Feedback zu erhalten. Ich bin ja anonym, keiner kennt mich. Kein einziger im Restaurant, in dem ich arbeite, weiss, dass ich hinter dem Pseudonym Waiter Rant stehe. Und so soll es auch sein. Auch wenn ich mittlerweile einen Vertrag mit einem Buchverlag habe, so will ich doch in meinem Beruf weiter arbeiten.

Ihre Arbeitskollegen wissen von nichts? Wie ist dies möglich?

Erstens lesen ja nicht alle Menschen Blogs. Und zweitens bin ich natürlich sehr vorsichtig. Bei gewissen Schilderungen warte ich ein paar Wochen, bevor ich Sie veröffentliche, unterschlage vielleicht auch ein Detail, das verräterisch sein könnte, ändere selbstverständlich die Namen – manchmal auch das Geschlecht eines Gastes. Ich schütze damit diejenigen, über die ich schreibe.