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das kulturelle überformat
Nr. 11 / 5. Februar 2008
#Interview The Mars Volta
  7/9
musik
Interview The Mars Volta

Was hat Ihnen der Aufenthalt in Amsterdam gebracht?

Er war eine Inspiration! Ich konnte mich endlich wieder mit Menschen austauschen und kam mir selber wieder wie ein Mensch vor. Ich erlebte einen wunderbaren Kreativitätsschub. Ich nahm in der Zeit etwa acht Alben auf. Von der Erfahrung zehre ich noch jetzt.

Haben Sie sich in der Zeit mit europäischer Literatur befasst?

Sicher. Aber ich fand nur schon die Umgebung erfrischend, die Architektur, die Strassennamen, die Fahrräder, die Gehsteige. Europäische Bücher habe ich schon immer genossen. Stefan George, Miguel de Cervantes. Auch europäisches Kino – viel mehr als das Amerikanische. Es war schön, an jenem Ort zu sein, an dem «Turkish Delight» gefilmt worden war, wo Paul Verhoeven aufwuchs, und gleichzeitig zu wissen, dass in der Nähe Fassbinder gewirkt hatte. Rainer Werner Fassbinder und Werner Herzog – grossartig.

Gibt es im Gegenwartskino Regisseure, deren Werk Sie mit ähnlichem Enthusiasmus verfolgen?

Gute Frage. Die Antwort muss «nein» lauten, glaube ich. Nicht, dass ich das heutige Kino uninteressant fände. Aber einer wie Fassbinder, wo man jeden Film sehen will und

der mit jedem Film heftige, wichtige Diskussionen auslöst – so einer fällt mir nicht ein. Höchstens noch Takashi Miiki in Japan. In Amerika gäbe es allenfalls noch Harmony Korine, aber der hat seit Jahren keinen Film mehr gedreht.

Wie halten Sie es mit Wim Wenders?


Wenders? Natürlich! Aber auf die Frage, welcher Künstler mich am meisten beeinflusst hat, würde ich nicht Jimi Hendrix oder sonst einen Musiker nennen, sondern Fassbinder. Seine Haltung. Sein Arbeitshunger. Seine Suche nach Therapie durch Arbeit. Sein Verständnis von Leben und Politik. Seine Fähigkeit, immer total politisch zu denken und gleichzeitig eine ausserordentlich poetische Sensibilität an den Tag zu legen. Er wurde ja oft missverstanden. Er wurde beschuldigt, sexistische und faschistoide Tendenzen zu zeigen. Vorwürfe, die auf keinen Fall zutreffen konnten, wenn man die Botschaft seiner Filme sieht und weiss, dass er als Schwuler am Rand der Gesellschaft lebte.

Die Musik von The Mars Volta wird ja oft der Tradition des Progressive-Rock zugeschrieben, einer Musik, die ihren Ursprung auch eher in Europa hatte. War Ihnen das in Holland besonders bewusst?

Musik ist Musik. Den grössten Unterschied zwischen den USA und Europa fanden wir schon beim ersten Mal heraus, als wir für eine