«Just Another Diamond Day» ist heute ein Kulturschock. Derart treuherzige, unzynische, unkalkulierte, intime Musik war schon 1970 selten – und ist heute noch viel seltener. Kein Wunder orten so viele Neo-Folkies in dem Album den Heiligen Gral für ihre eigene Suche nach einem post-ironischen post-poppigen Utopia.
Immer kuriosere Schmetterlingshaken
Mary Margaret O’Hara singt wie ein Vogel. Zum letzten Mal auf einer englischen Bühne zu bewundern war sie im Mai 2004 im Rahmen von «The Black Rider», dem von Tom Waits, William S. Burroughs und Robert Wilson auf die Beine gestellten Fabel-Avant-Garde-Musical. Ihre Gesänge begannen jeweils recht konventionell, schlugen im Verlauf eines Liedes immer kuriosere Schmetterlingshaken, um am Ende – exeunt Schauspielerin – in einem überirdischen Vondannenzwitschern zu enden. Es war in der Tat kaum zu glauben, dass derart vogelartige Klänge aus einer menschlichen Kehle dringen konnten. Aber es war so. Das Publikum reagierte des öfteren mit einem kommunalen Staun-Seufzer.
Aber ausser einem Filmsoundtrack im Jahr 2001 («Apartment Hunting») hat die in Toronto lebende O’Hara bloss ein einziges komplettes Album aufgenommen. «Miss America» erschien 1988 nach einer extrem schwierigen Entstehungsgeschichte. Danach gab es nur noch eine EP mit Weihnachtsliedern und gelegentliche Gastauftritte auf Alben von Morrissey, Holly Cole, Neko Case, The Henrys und anderen. Kürzlich tauchte sie auf Hal Willners Piraten- und Seemannsliedersammlung