absetzte, ist heute, mehr als dreissig Jahre nach seinem Tod, zu einer Ikone der Melancholie geworden – und zu einer Inspiration für alle introvertierten Songschreiber rund um die Welt. Als seine Alben zuerst erschienen, passten sie in keiner Weise zum Zeitgeist (ich weiss das aus Erfahrung – ich kaufte sie und erntete für die «Geschmacksverstauchung» im coolen Freundeskreis nur mitleidiges Lächeln). Die üppigen Streicher, soft swingenden Melodien und etwas adoleszenten Einsamkeitstexte vom Debüt «Five Leaves Left» lösten keine Resonanz aus in einer Zeit, wo musikalischer Exhibitionismus à la Emerson Lake & Palmer, Intensität à la Led Zeppelin oder weltmännische Ladykiller-Poesie à la Leonard Cohen gefragt waren. Das zweite Album «Bryter Layter» war für die Folkies zu jazzig, aber für die Jazz-Fans zu folkig. «Pink Moon» schliesslich (der Titelsong zwanzig Jahre später dank einem Werbespot im amerikanischen Fernsehen für VW zum Evergreen gestempelt) war musikalisch und textlich viel zu düster für eine Generation, die noch nicht die Schule von Kurt Cobain und Nirvana besucht hatte.
Der Charme der Unschuld
Die in London geborene und in Edinburgh lebende Vashti Bunyan ist von einer ähnlich unerwarteten Kehrtwendung des musikalischen Schicksals ereilt worden. Auch von ihr tauchen Songs, die 1970 kein Mensch hören, geschweige denn kaufen wollte, heute in der Fernsehwerbung auf. «Just Another Diamond Day» war das einzige Album in der ersten Etappe ihrer Musikkarriere. Bei seinem Erscheinen war es ein Instant-Sammlerstück, gekauft von den paar hundert Folkrock-Fans, welche die Namen einiger von Robin