Graben oft wenig zu tun hat mit der Qualität der Musik. Was, wenn es auf der Welt ein paar Shops mehr gäbe wie den von Veit? Ein paar Radiostationen, die auch auf den Geschmack kämen? Was, wenn plötzlich jemand Geld für eine Tournee finden würde? Was, wenn Robbie Williams auf den Yerkey-Geschmack käme und ihn als nächsten Songschreiberpartner engagierte – so, wie er es mit dem zuvor ebenfalls sträflich ignorierten Stephen Duffy getan hatte?
Der Zeit voraus
Der Zeitgeist spielt ohne Zweifel eine grosse Rolle bei der Entscheidung, wer den Durchbruch schafft und wer im Schatten darbt. So war es um die Millenniumswende in London fast unmöglich, ein junges Publikum zum Konzert einer jungen Gitarrenband zu locken. Anfänger wie Bloc Party traten zwei Jahre lang in leeren Pubs auf und mussten froh sein, dass es überhaupt Pubs gab, die sie noch auftreten liessen – in einer Zeit, in der es doch viel billiger war, einen DJ oder einen Laptop-Musikanten in die Ecke zu stellen. Aber dann, ohne jedes Zutun von Bloc Party, wurden Gitarren wieder Mode; das Quartett aus Ostlondon hatte nun zwei Jahre Entwicklungsvorsprung und konnte doch noch den Lohn für ihre Bemühungen ernten. Es gibt zahllose Bands, die ihrer Zeit voraus waren. Velvet Underground gehören in diese Kategorie. Das von ihnen angesäte Tummelfeld zwischen Rock’n’Roll-Minimalismus, Art-School-Konzept und den Prinzipien gehobener Songschreiberkunst wurde erst in den achtziger Jahren wirklich beackert. Der Einfluss von Can war im deutschen Kulturbereich schon in den siebziger Jahren beachtlich, anderswo aber wurde er erst viel später spürbar, um in der (britischen) Elektronikszene Ende der neunziger Jahre omnipräsent zu werden.
Ihrer Zeit ebenfalls voraus, aber auf ganz andere Art, waren Nick Drake und Vashti Bunyan. Drake, der von den drei zu seinen Lebzeiten erschienenen Alben je kaum mehr als 5’000 Exemplare