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das kulturelle überformat
Nr. 4 / 26. April 2007
#Verschollene Stimmen
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musik
Verschollene Stimmen

zurück geblieben war – nur ganz wenige Passagen ergaben einen wörtlichen Sinn. Aus dieser Warte grenzt es an ein Wunder, dass es Produzent Michael Brook gelungen ist, «Miss America» entstehen zu lassen. Ebenfalls an ein Wunder grenzt es, dass O’Hara noch heute kompromisslos ihrem eigenen Pfad folgt, einem Pfad weit ab vom Musikbusiness, das – so sagte sie mir damals – «vielleicht nichts ist für mich».

Die Liste von verschollenen Stimmen, die es verdienen würden, dass man ihnen nachspürte, könnte endlos weiter geführt werden: Marc Anthony Thompson alias Chocolate Genius, verantwortlich für «Black Music» (1998) und «God Music» (2001), zwei Alben an der Grenze zwischen New Yorker Avant-Garde-Jazz und Soul; zuletzt gesichtet wurde Thompson als Mitglied von Bruce Springsteen’s Seeger Sessions Band. Natasha Lea Jones und Sharon Lewis alias Pooka, zwei englische Songschreiberinnen, deren filigrane Gesangsharmonien zu früh kamen für den heutigen Folktronica-Boom. Wreckless Eric alias Eric Golden, der Meister des dreiminütigen bittersüssen Pop-Songs, in letzter Zeit mit DIY-Electronica unterwegs. Annette Peacock, Jazz-Komponistin und -Sängerin, Synthi-Pionierin und mit «X-Dreams» Schöpferin eines der prägnantesten Rockalben aller Zeiten. Tim Buckley, Vater von Jeff, dessen unglaublich abenteuerlustige Musik im Schatten seines ebenfalls atemberaubenden Sohnes vergessen zu werden droht. Pierre Akendengué, der singende Songschreiber aus Gabon, der 1983 mit «Mando» das subtilste und funkigste Afro/Euro-Crossover-Album aller Zeiten einspielte.