von Gipi. Abgesehen von der Scheu davor, mit erotischen Frauengestalten ein italienisches Klischee zu bedienen, kommt auch die meist düstere Stimmung von Gipis Comics als höchst unitalienisch daher. Der Zeichner stürzt sich mit der Kurzgeschichten-Sammlung «Nachtaufnahmen» (2005) mutwillig in nordisch abgründiges Blaugrauschwarz, die Stimmung der wilden Meer-Story «Muttererde» ist geradezu antipodisch zu derjenigen sommerlicher Rimini-Ferienstrände. Wie sein Verleger Igort, der ebenfalls zu den wichtigsten progressiven Fumetto-Schöpfern gehört und der kurioserweise mit mediterranem Temperament die Kultur der zurückhaltenden Japaner vergöttert, scheint auch Gipi bewusst der Italianitá abzuschwören oder zumindest die düsteren Seiten hinter dem ewigen «Azzurro» darstellen zu wollen.
Die sechs Shortstories von «Nachtaufnahmen» dürfen als Gipis Schlüsselwerke gelten. Zu dieser Zeit malt er Landschaften, Häuser und Hintergründe in Öl und zeichnet die Figuren auf mehreren Folienschichten darüber. Eine Technik, die den Szenerien grosse Plastizität und Dramatik verleiht. Das Weiss der Wolken, des stürmischen Meeres, der Visagen und der Körperteile blitzt, schäumt und spritzt geradezu aus dem dominierenden Schwarzblau heraus. Figurativ orientiert sich Gipi an den Errungenschaften des progressiven Fumetto der achtziger Jahre, und da vor allem an der Gruppe «Valvoline», zu der sowohl Igort als