Die reizende Sarah Polley, die zu nervös war, um ihren Alzheimer-Film vor Publikum im Zoopalast zu sehen, verbrachte die Vorführung in der plüschigen Marlene-Dietrich-Bar und führte mich so ins Interconti, wo sie mit ihren coolen Produzentinnen und englischen Publicityleuten ihre peinlichsten Erlebnisse austauschte. Die ich natürlich nicht weiter tratschen werde, obwohl ich jenseits meiner Hostessenarbeit durchaus gerne Gossipschleuder spiele. Zudem rutschte Frau Polley tatsächlich auf den Schoss einer Produzentin, um mir einen freien Platz in der leider nur dreisitzigen Luxus-Limousine freizuräumen.
Als zugereister Altberliner fühlt man sich im West-Zentrum heute seltsam. Seit der Aufwertung der Stadt durch den Osten hat man dort kaum noch etwas verloren. Selbst Kreuzberg, runtergewohnt und schmutzig, wo auf allen Plätzen Junkies und Obdachlose wohnen, mit 50-prozentiger Arbeitslosigkeit, seinen tausenden Migranten und einer deprimierenden Dichte von Dönerbuden und Billig-Discountern wirkt mehr wie Neue Mitte als der entschwundene Ku-Damm. Während ich dann allerdings gegen morgens um vier, beseelt von Champus und Filmpartywodka, in mein Kreuzberger Türmchen zurückkehre und noch kurz die Aussicht auf Hochbahn und Platz vor meinem Fenster geniesse, kommt mir das neue Zentrum mit seinen aufgebretzelten Boutiquen und polierten Fassaden auch nur wie ein innerstädtisches Ghetto vor. Es liegt eben in unmittelbarar Nähe zur Macht, weshalb Politiker dort gerne wohnen und die Gegend zusätzlich sicherer und klinischer machen. In einem Anflug von Stadtführertum weist man Frau Bacall auf den Reichstag neben ihrem Hotel hin. «So – what’s so special about the Reichstag?» schnarrt sie. Naja – Parlamentssitz und so, antwortet man. «Ugh» winkt sie ab. «Politics.»