Sie sind ein typischer New Yorker. Truman Capote hat über «the only real city-city» gesagt, New York sei eine Stadt voller Geheimnisse, in der man sich überall verstecken könne. Sie sind ja ein Mann voller Geheimnisse…
(schmunzelt) New York ist ein grossartiger Ort, um die eigene Anonymität zu bewahren. Und…nun ja…das ist schon eine gute Sache.
Aber sie werden doch sicher erkannt, wenn sie sich in der Stadt bewegen?
Ich? Ja schon, natürlich. Aber weniger häufig, als man dies vermuten könnte. Die New Yorker vermeiden ja den direkten Augenkontakt meistens. Und zudem halten sie ja nicht Ausschau nach mir.
Das Thema ihres Films ist doch sehr spezifisch. Denken Sie, dass sich die Leute in der heutigen Zeit dafür interessieren?
Ich weiss es nicht. Darüber können Sie wahrscheinlich mehr erzählen als ich. Von der Absicht «The Good Shepherd» zu realisieren bis heute, sind immerhin zehn Jahre vergangen. Und wir leben nun in einer anderen Zeit. Es ist die Zeit nach dem 11. September 2001 – wir werden sehen, ob der Film die Leute anspricht.
Hat der Film eine politische Botschaft?
Das müssen Sie entscheiden. Ich habe immer Mühe, wenn sich ein Regisseur darüber äussert, welche politische Botschaft er mit seinem Film vermitteln wollte –
ausgenommen es handelt sich um einen Dokumentarfilm.
Aber ein unschuldiger Film ist «The Good Shepherd» nicht.
Ja, da haben Sie recht, das ist er nicht.
Sie gehen mit der Kamera ganz nah an die Gesichter der Protagonisten heran. Wir sehen Gesichter wie Landschaften, die Geheimnisse verbergen und Ahnungen wecken. Als einziger trägt die Hauptfigur stets seine Hornbrille, hinter der er seinen Blick versteckt.
Ja, ja.
Diese Filmsprache war doch sicherlich beabsichtigt, weil sich in ihrem Film Werte wie «Gut» und «Böse» oder «Recht» und «Unrecht» vermischen…
…ja, aber sehen Sie, so sollte es doch sein: Ich mache den Film, Sie und das Publikum interpretieren ihn. Wenn es nach mir ginge, müsste man keine Interviews abhalten. Der Film muss für sich sprechen.
Der Film beleuchtet die Welt der Geheimdienste ziemlich nah an der Realität. Wie schafft man dies, wenn doch die Spionagewelt von ihren Geheimnissen lebt.
Mit Milt Bearden hatte ich einen ehemaligen CIA-Agenten als Berater an meiner Seite. Uns ging es nicht darum, irgendwelche Geheimnisse ausfindig zu machen, das wäre ja völlig unmöglich. Durch unsere Recherchen