geradezu archetypische Weise einfing. Auch die Teddy Boys – englische Rock’n’Roll-Fans, die sich bei ihrer Einkleidung kurioserweise von der Mode der Edwardischen Periode beeinflussen liessen – erwirkten gravierende Veränderungen: bis dahin war es das Privileg der Upper-Class-Dandies gewesen, als Mann Zeit und Geld für elegante oder gar aussergewöhnliche Kleidung zu verschwenden. Die Teddy Boys ermöglichten es erstmals auch Working-Class-Boys, pfauenhafte Tendenzen an den Tag zu legen.
In den frühen 60er Jahren ist die Zahl junger Menschen mit Batzen in den Taschen zu einer veritablen Massenbewegung angeschwollen. Nicht zuletzt dank den Beatles (welche die Idee für ihre kragenlosen Jackets übrigens beim Pariser Haute-Couture-Avantgardisten Pierre Cardin klauten) und den Stones ist nicht mehr Amerika das Land der Träume, sondern England. Die Euphorie und das Selbstbewusstsein, die mit dieser Einsicht einherkommen, beflügeln die Fantasie. Alles ist möglich! «Vince», ein Kleidershop in der Carnaby Street (die zu diesem Zeitpunkt eine schmutzige Gasse weit ab von den Londoner Trendstätten ist), dient als Vorbild: Bei Vince hatte vorab die noch illegale Schwulenszene verkehrt, um sich hier mit ausgefallenen Herrenkleidern für abendliche Ausflüge einzudecken. John Stephen fing seine Karriere als Vince-Verkäufer an und eröffnet nun seinen eigenen Shop. Er zieht einen Rattenschwanz von Nachahmern nach sich, welche die Carnaby Street im Nu zur coolsten Strasse der Welt machen.
Das neue Schlagwort heisst «Boutique». An der Kings Road sind die teuren Boutiquen, in Soho und Notting Hill die billigen. Alle werden sie von Designern geführt, die eine eigene, originelle Vision verfolgen. Ja, auch Männer tragen jetzt knallig – und Frauen revolutionären Plastik! Die trensettende Mary Quant mit ihren eleganten, klaren Linien und kurzen Jupes etabliert sich als «Brand» und macht swingende Mode in 160 Department Stores erschwinglich. Nicht nur junge Kunststudenten und