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das kulturelle überformat
Nr. 1 / 25. Januar 2007
#Swinging Sixties
  5/6
kunst
Swinging Sixties

Möchtegernmusiker werden vom grenzenlosen Optimismus des Momentes erfasst. Die Stadtplaner erwägen, die Regent Street in eine überdachte Halle zu verwandeln – samt Kabinenbahn, die im ersten Stock auf samtenen Luftkissenpfoten die swingenden Shopper von Boutique zu Boutique transportiert. Dermassen in den Moment verliebt sind die swingenden Londoner, dass sie gleich auch noch die Wegwerfgesellschaft ideologisch verankern: «Meine Frau trägt Kleider, die in zwei Jahren peinlich sein werden», verkündet der Trendarchitekt Peter Cook, «in den Spitälern haben sie schon Papierlaken. Bald wird es niemand mehr schockieren, wenn wir ein Gebäude wegwerfen, das wir gestern noch gebraucht haben.»

Ein Kulturschock ist die Ausstellung deswegen, weil die kühne Originalität und intellektuelle Frische der ausgestellten Gewänder noch heute in basses Erstaunen versetzt. Auch in der kalten Vitrine noch lassen uns diese Kleider die ansteckende Energie spüren, die zu ihrer Entstehung führte. Der Historiker Roy Porter brachte die Sixties so auf den Punkt: «Die Kultur, die damals entstand, kannte keine Ehrfurcht, war schräg, kreativ, originell. Sie war politisch idealistisch eingestellt…sie durchbrach die Klassenschranken und transformierte viele der besseren Elemente des traditionellen London zum Guten: den kosmopolitischen Geist und die Offenheit, die Dorfhaftigkeit und menschliche Nähe, den Cocktail von Talent, Reichtum und Exzentrizität. Es herrschte eine seltene Allianz zwischen Jugendkultur und Kommerz, zwischen aristokratischem Stil und Populismus.» (zitiert im Ausstellungskatalog)

Anschliessend – wieder draussen auf der Strasse – wirkt alles ein bisschen grau. Trotz der sagenhaften Farbenwut heutiger Gewandung...