Hintermännern. Derweil Tony Blairs Flirt mit Präsident Bush ebenfalls säuerliche Untertöne angenommen hat, ist ganz Pop-Britannien mittlerweile ungemein scharf auf Amerikaner, die Amerika kritisieren. In der Hinsicht passen The Gossip also perfekt.

Auch Beth Dittos Weigerung gefällt, ihre Figur den Marketing-Strategien der Musikindustrie anzupassen. In der Tat fallen einem ausser den Weather Girls und Divine auf Anhieb nicht gerade viele dicke Popstars ein. Die lebensfrohe Message, die Ditto mit ihrem Wanst verbreitet, passt wunderbar zur Musik: Der discofizierte Elektro-Punk-Sound beschwört die tiefsten New-Wave-Zeiten herauf, in denen die wöchentliche Lektüre des englischen New Musical Express und die damit einhergehende Deutung von Zeichen und Slogans sowie das damit verbundene Abwerfen von Ketten praktisch zur sozialpolitischen Grundbildung gehörte. Übrigens heisst das amerikanische Plattenlabel von The Gossip «Kill Rock Stars».

Und dann kommt der superbunte und nur noch mit coolsten Coolheiten vollgestopfte New Musical Express von heute und wählt Beth Ditto zur «coolsten Person» von 2006! Damit wird die junge Mutter Zivilcourage flugs als Nachfolgerin von Arctic Monkeys Alex Turner (2005), Pete Doherty und Carl Barat (2004), Justin Timberlake (2003) und Jack White (2002) abgestempelt und zu den Akten gelegt. Denn der coole Trend von heute ist morgen unweigerlich schon lauwarm, abgestanden und der Lächerlichkeit preisgegeben. Ditto macht zum bösen Spiel gute Miene: «Alles was nicht cool ist, ist cool», entgegnet sie auf die NME-Bitte um eine Definition von «cool». Damit ist der Nagel natürlich auf den Kopf getroffen. Mit der Coolheit ist es wie mit Adam und Eva. Wer in den Apfel beisst, ist verloren.

So auch der New Musical Express. Das Blatt würde ohne Zweifel behaupten, seine Coolheitsliste sei ja nicht so ernst gemeint, es sei ja nichts weiter als ein lustiger Versuch, den Zeitgeist kurz