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das kulturelle überformat
Nr. 8 / 2. Oktober 2007
#Manchester
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dossier: Factory Records
Manchester

Piccadilly Gardens hiess der Platz, aber – meine Güte – welch ein trostloser Flecken urbaner Verrohung! Lauter ausdrucklose Teenager mit Elephantenjeans, deren Stossborten sie mühselig durch Taubendreckhaufen und Pfützen hinter sich herschleppten. Wahrscheinlich befanden sie sich gerade auf dem Weg zur nächsten Leimschnüffelorgie. Der «Garten» – weit und breit keine Blumen, höchstens ein verkümmertes Unkraut, das in einer Ritze zwischen den kaputten Betonplatten ein bisschen Nahrung gefunden hatte. Beton, Beton, Beton, und auf dem Beton betonfarbige Tauben mit verkrüppelten Krallen und dem Siechtum in den Augen. Die Leute, die nebst den Teenagern sonst noch so auf dem Platz herumschlichen, sie waren in nichts als Nylon gehüllt, erstanden im grässlichsten Einkaufszentrum auf der ganzen Welt, dem Arndale Centre, da vorn gleich um die Ecke, ein garstiger Betonklotz aus den sechziger Jahren, die ganze Palette von Pullovern bis zu Tulpen – alles aus Nylon gefertigt. Shaun Ryder und sein kleiner Bruder – später die Tunichtgute im Kern von The Happy Mondays – fielen hier zum ersten Mal in ihrem Leben der Polizei auf. Sie hatten Brotbälle mit Rattengift gefüllt und den Tauben verfüttert. Bald hagelte es sterbende Vögel auf die Fussgänger und ihre düsteren Nylonwindjacken. 3’000 tote Vögel sollen es gemäss Polizeireport schliesslich gewesen sein. Nein, Piccadilly Gardens war in der Tat keine Reise wert. Dabei war und ist es das Zentrum der Stadt Manchester. Der Platz, an dem alle Busse halten. Und der Platz mit McDonalds, Kentucky Fried Chicken und Burger King (aber damals noch ohne Starbucks).

Der Platz auch mit dem Hotel, wo man die aus der ganzen Welt eingeflogene Presse einquartierte – ein Hochhaus wiederum im Sixties-Stil ganz aus Beton und verdreckter Doppelverglasung. Wir schreiben das letzte Wochenende im Mai 1990. Die Plattenfirma glaubt, den Start einer neuen Ära feiern zu dürfen, die Geburt der neuen Beatles. Im Nachhinein wissen wir, dass die Stone Roses an diesem Wochenende zwar den grössten Triumph ihrer Karriere

                                                
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