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das kulturelle überformat
Nr. 8 / 2. Oktober 2007
#Kolumne von Markus Schneider, Berlin
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gedankengang
Kolumne von Markus Schneider, Berlin

Barklischee, in dem einmal die Woche die Angestellten der Stadt sich zur After-Work-Party um 19 Uhr treffen und ansonsten Schauspieler rabauzige Geburtstage oder Premieren oder so etwas feiern und gelegentlich Konzerte stattfinden, bei denen Ben Becker auch mal selbst mit eingreift.

Becker, Stiefsohn des raspelstimmigen Schauspielers Otto Sander, pflegt schon in zweiter Generation diesen sehr berlinischen Künstlerlifestyle, mit rauer Stimme und Freunden aus dem Boxmilieu und immer gleichzeitig unrasierten, schnoddrigen und pathetischen Sprüchen aus Büchern von Bukowski und Wondratschek. Oder halt aus der Bibel. Ein Lifestyle, der sich an den mythologischen Rock-Quatsch lehnt, der in den siebziger Jahren noch sehr weit verbreitet war, gerade auch in Berlin, wo Leute wie Lou Reed, David Bowie und Iggy Pop ein besonders exzessförderndes Klima vorfanden. Weshalb Lou Reed heute bestreitet, überhaupt mal hier gewesen zu sein.

Das alles ist, jedenfalls in der ehemaligen Vorschriftsmäßigkeit vorbei. Natürlich kann man sich – gerade wo ein schönes neues Babyshambles-Album erschienen ist – über Pete Dohertys Drogen-Erratik auch in einem nostalgischen Anflug freuen, ja sollte dies angesichts der Poplage vielleicht sogar dringend tun. Aber die Ü-40er treiben heute alle – außer Ben Becker – irgendeinen Sport. Schon vor Jahren sah ich Blixa Bargeld immer mal im Fitnessstudio, wo er dann mit der FAZ auf dem Farradtrainer saß. Selbst in Kreuzberg kann man nun ohne von Punks mit  Bierbüchsen beworfen zu werden durch den verwahrlosten und schmutzigen Görlitzer Park joggen (oder «Görli», wie es heißt, weil der Berliner nichts Öffentliches ertragen kann, ohne es mit seiner notorischen Schnauze zu bearbeiten).

Weitgehend gesund schien es auch auf der Popkomm zuzugehen, der ich mit Vorbereitung und Verarbeitung ungefähr den halben