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das kulturelle überformat
Nr. 8 / 2. Oktober 2007
#Kolumne von Markus Schneider, Berlin
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gedankengang
Kolumne von Markus Schneider, Berlin

Pop, komm – stirb nie!

Es gibt keine gültigen Wahrheiten mehr. Kaum hat sich eine Ahnung zum Urteil verfestigt, muss man es schon wieder neu bedenken. In einem langen Interview in der Süddeutschen Zeitung erwies sich ausgerechnet Mick Jagger als kluger und amüsanter Mensch und durchaus klassisch stilbewusst. Jagger, den ich immer als das Paradebeispiel dafür heranzogen habe, wie man bitteschön nicht altern möge. Mit diesem lustgreisartigen Knallengehosentum und dieser supereitlen Rockermachopose, die ohnehin nur rund fünf gute Alben produziert hat (wenn auch immerhin «Beggar´s Banquet» darunter).

Dabei ging es beim Jagger-Bashing natürlich vor allem um private Idiosynkrasien – und vielleicht darum, dass man den Stones immer irgendwie die Schuld an so Typen wie Peter Maffay oder Heiner Lauterbach gab, und an dem ganzen Rockröhrentum, den dann Schauspieler wie etwa der gerade in Berlin gastiert habende, berühmte Uwe Ochsenknecht, Bruce Willis oder Ben Becker gerne zur Behebung der Midlife-Crisis anstimmen. Weshalb ich meine Meinung über die Nichtigkeit und das lebensstilistisch Reaktionäre des Stones-Schaffens der letzten dreißig Jahre vermutlich weiterhin verteidigen würde.

Den Berliner Vorzeige-Schauspieler Ben Becker fand man letzthin in seiner Berlin-Mitte-Wohnung im Koma aus Erschöpfung und Alkohol, weil er sich in seine Bibel-Lesungen allzu sehr hineingekniet hatte. Die archaische Kraft, das Rohe und Unbehauene der Schriften hatte ihn allzu sehr gebannt und fasziniert und in der Folge fast dahingerafft. Verfallen wird er wohl der seit Klaus «Schnauze halten» Kinskis augenrollenden Bibelstunden 1971 bekannten Wirkung als Publikumsmagnet und Kultkatapult gewesen sein. Ben Becker hat übrigens, dies als Nachtrag zur Berliner Kneipenkunde, auch eine Bar namens «Trompete», ein steril-nachempfundenes