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das kulturelle überformat
Nr. 7 / 4. September 2007
#Interview mit Marcus Miller
  7/8
musik
Interview mit Marcus Miller

Sie wagen sich auf Ihrem Album selber auf exotisches Terrain. Das Eröffnungsstück «Blast» hat etwas Orientalisches an sich.

Das war meine Absicht. Allerdings musste ich die fremden Tonleitern irgendwie mit anderen Elementen ausbalancieren, denn ich wollte ja nicht vorgeben, authentische orientalische Musik spielen zu können. Darum habe ich die Melodie mit dem Beat aus Afrika Bambaataas «Planet Rock» unterlegt – damit die Zuhörer wissen, dass ich weiss, dass ich kein Experte auf dem Gebiet der türkischen Musik bin und mich nur ein bisschen an ihr inspiriert habe.
Ich komme ja bekanntlich nicht aus Anatolien.

Sie gelten schon lange als Meister Ihres Fachs. Wie leicht ist es denn für Sie, sich noch musikalisch weiterzuentwickeln?

Mir ist die Kontinuität genau so wichtig wie die Weiterentwicklung. Die Leute sollen gleich wissen, dass ein Musikstück von mir ist, wenn sie es zum ersten Mal hören. Mir passiert es oft, dass sich neue Stücke aus Spielereien heraus entwickeln. «Blast» war nur so ein fahriges Ding auf meinem Computer, bis es jemand gehört hat. Dank dessen Begeisterung wurde mir klar, dass etwas Ernsthaftes daraus werden könnte.

Sind Sie jemand, der zu lange an einer Idee festhält, bevor er sie verwirft?
Oder tendieren Sie dazu, einen Einfall

rauszuschmeissen, wenn er nicht gleich fruchtet?

Beim kreativen Prozess lohnt es sich, harte Entscheidungen schnell zu treffen, damit man nicht zu viel Zeit in einer Sackgasse verschwendet. Aber man sollte Ideen auch nicht voreilig in den Müll werfen. Mir hat mal ein Regisseur gesagt, dass er das Stück nicht mochte, das ich für seinen Film geschrieben hatte, da habe ich die ganze Arbeit von vorne angefangen. Erst später habe ich realisiert, dass er nur die Oboe nicht mochte. Ich hätte nur das Arrangement ein bisschen ändern müssen, damit ihm das Stück gefällt. Aber Filmemacher sind ja keine Musiker: es ist ja nicht ihr Ding, Musik zu analysieren. Sie sagen Dir einfach, ob ihnen etwas zusagt oder nicht.

Machen diese Schwierigkeiten in der Kommunikation die Arbeit im Film nicht sehr frustrierend? Würden Sie auf diese Jobs verzichten, wenn Sie das könnten?

Im Gegenteil. Ich liebe diese Art zu arbeiten, denn sie bringen mich mit topmoderner Musik in Kontakt. Die Regisseure versuchen ja immer, die heissesten neuen Songs für ihre Filme zu kriegen, und ich habe dann die dankbare Aufgabe, einen Soundtrack zu schreiben, der die verschiedenen Stile unter einen Hut bringt. So verliere ich den Anschluss nicht, so bleibe ich gut geölt, wenn sie wissen, was ich meine.