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das kulturelle überformat
Nr. 19 / 10. November 2008
#Kolumne von Ernst Molden, Wien
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gedankengang
Kolumne von Ernst Molden, Wien

aber aufgrund der Reihenfolge der Dinge so anstrengenden Goldmonat, kaum einer noch ganz bei sich. Dazu die Nachrichten der Wirtschaftskrise, das Unregierte des eigenen Landes, der Tod des alten Bösewichts Jörg Haider, die narrische Trauer um ihn in Kärnten, die kalkulierte Trauer im Rest des Landes. Ich konnte nicht traurig sein, verständigte mich aber mit meiner Liebsten aber auf die Tatsache, dass ein marodes Kasperltheater ohne Krokodil endgültig konkursreif wird, inhaltlich gesprochen.

An einem dieser warmen Tage, die viel zu früh in ebenso warmer Finsternis endeten, stand ich auf meinem Balkon, folgte mit den Blicken dem Wedeln der beiden Riesenpappeln, die hinter dem klassizistischen Haus vis-à-vis aufragen, der jetzigen Musikuniversität und einstigen veterinärmedizinischen Hochschule, einem vor ein paar Jahren noch schönbrunner-, nunmehr langsam uringelben Bauwerk.

Die Pappeln, fiel mir auf, waren in ihrer Ergilbung irgendwie erstarrt. Es ging nix weiter, nicht in den Bäumen, nicht im Jahreslauf, nicht im Land und nicht in mir. Am Abend begab ich mich nach Gumpendorf zu einem Konzert zweier von mir verehrter  Musiker. Dort sassen lauter Untote und Apokalyptiker im Publikum herum, der Schlimmste, ein Fotokünstler, direkt neben mir.

Spürst das Wetter, fragte er mich, das ist jetzt der Anfang von der letzten Zeit. Der Zug ist abgefahren, man muss es annehmen, das Ende. Ob ma ersaufen werden oder vorher verrückt, ist eigentlich egal.

Die Musik ist sehr schön, sagte ich.