Roberto (Carmine Paternoster, links)
und Franco (Toni Servillo) / © Filmcoopi

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das kulturelle überformat
Nr. 19 / 10. November 2008
#«Gomorra»
  4/6
film
«Gomorra»

Oper, in der die Ambivalenz der Figuren deren Faszination verstärken.

Die Camorra aber ist kein Raubtier und nichts an ihr lässt sich verklären. Neapel verhält sich zur Camorra wie ein Haus, das von Millionen von Kakerlaken verseucht ist. Namenlose Schädlinge, die die hintersten Ecken des Wohnraums bevölkern und gegen die der moralisch aufrechte Mensch nichts in der Hand hat. Hier gibt es keinen Paten, der sich zu erkennen gibt. Und so korrodiert die Gesellschaft und ihre Gesetze unter dem nicht sichtbaren Krebs und der Anonymität der bösartigen Zellen, die längst mit der normalen Aussenwelt und den demokratischen Institutionen verwachsen sind.

Matteo Garrone hat sich deshalb für seinen Film an dasselbe Muster gehalten wie Saviano mit seinem Buch. Die literarische Vorlage ist halb Sachbuch, halb Roman. Garrones visuelle Umsetzung erinnert an einen Dokumentarfilm, oder eben an Spielfilme in der Tradition des von Roberto Rosselini definierten Neorealismus. Fünf Geschichten werden erzählt, nur zwei davon berühren sich in der Folge des Films. Gedreht wurden sie an den Originalschauplätzen, etwa in der an Trostlosigkeit nicht zu überbietenden Hochhaussiedlung «Le Vele» in Neapels Vorort Scampia. Die wenigen professionellen Schauspieler sowie die meist vor Ort rekrutierten Laien drehten den Film unter dem Arbeitstitel «Sei storie brevi».

Erzählt wird etwa die Geschichte von Don Ciro, einem Buchhalter, der den Angehörigen von verhafteten oder verstorbenen Clan-Mitgliedern jeweils am Anfang des