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das kulturelle überformat
Nr. 17 / 5. September 2008
#Wahlkampfzentrale (9)
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360°
Wahlkampfzentrale (9)

Die fundamentalistische Basis ist euphorisch ob der Wahl dieser eisernen Lady, die sich noch nie zur Aussenpolitik und nationaler Sicherheit geäussert hat, weil sie – wie sie noch vor ein paar Monaten einem Fernsehsender erklärte – sich nicht wirklich dafür interessiert. Aber hart ist sie: an ihrer Rede zu den Delegierten ignorierte sie sämtliche substanziellen Probleme des Landes und griff mit fletschenden Zähnen Barack Obama an. «Sie kennen den Unterschied zwischen mir und einem Pitbull?», fragte sie.  «Lippenstift», lautete die Antwort und der Saal tobte. Derselbe Saal tobte auch, als Rudy Giuliani den Demokraten vorwarf, sie würden Jobs ins Ausland exportieren. Und natürlich wäre ein zweiter 11. September praktisch Programm, wenn einer ins Weisse Haus zöge, der noch nie heldenhaft in Kriegsgefangenschaft ausgeharrt hat wie John McCain.

Wie lösen wir das Energieproblem? Der Saal skandiert: «Drill, Baby, Drill» (Bohren, Baby, Bohren) – nach Öl versteht sich. Die Demokraten finden unsere Sarah nicht toll? «Sexism buuh». So ging es in St. Paul, Minnesota vier Tage zu und her, Auf den Ansteckknöpfen der Delegierten war zu lesen: «Sarah, the hottest VP», was allerdings sowenig sexistisch gemeint ist, wie wenn sie stets «unsere Babe» genannt wird.

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Die Republikaner führten sich auf wie eine substanzlose Truppe, die sich in der Opposition befindet. Keine Rednerin, kein Redner erwähnte auch nur ansatzweise ihren amtierenden Präsidenten (ausser Laura Bush). Das Wort Wirtschaftskrise gab es nicht. Armut, Bankenskandal, Kriegsdefizite, das Vakuum in Afghanistan, Krankenversicherung – nicht ein einziges Mal erwähnt. Man mockierte sich lieber mit Ballermann-tauglichen Sprüchen über den Gegenkandidaten aus Chicago. Die letzten beiden Parteitage unter George W. Bush müssten im Vergleich als hochintellektuelle Versammlungen in die Geschichte eingehen.