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das kulturelle überformat
Nr. 17 / 5. September 2008
#Wahlkampfzentrale (9)
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360°
Wahlkampfzentrale (9)

Das Land ist seit Bush wie nie zuvor ideologisch und kulturell gespalten. Bei den Demokraten wurde zumindest ansatzweise versucht über die Parteifarben hinweg Gemeinsamkeit zu demonstrieren. Derweil die Republikaner sich daran machten, diesen Graben weiter aufzureissen. Es war letztlich an John McCain, dem einstigen Aussenseiter, der bis zu seiner Wahl der ultrakonservativen Sarah Palin vielen noch ein rotes Tuch war, zu retten, was von diesem Parteitag noch zu retten war. Um einen Kontrapunkt zum Sportstadion, in dem Obama sprach, zu setzen, wurde die Halle am letzten Tag so umfunktioniert, dass John McCain im Stile eines Town Hall-Meetings ganz nahe an seinen zukünftigen Wählerinnen und Wählern war.

Und tatsächlich: John McCain gelang es in einer über weite Strecken eindrücklichen Rede dieser traurigen Vorstellung dann doch noch etwas Würde zu verleihen. Der Maverick erwachte in ihm zumindest teilweise. Der Mann sprach von Versöhnung und vom parteiübergreifenden Ideenaustausch, er griff zur Verblüffung vieler im Saal einmal gar die eigene Partei an. Das war ein Versuch, den kulturellen Bruch im Lande aufzuheben. Doch wie stets erwies sich auch dieser Auftritt als ambivalent. Er lobte auch die Verdienste des jetzigen Präsidenten und liess sich bisweilen zu widersprüchlichen substantiellen Themen aus. Da machte einer aus einer Bierzeltveranstaltung zwar noch ein politisches Event, doch der Spagat zwischen Mitte und Rechts ist auch für einen wie McCain ein zu offenes Feld, um es füllen zu können. Deshalb liess er sich zur Nominierung von Sarah Palin hinreissen, einem Hofknick an die ultrakonservative und intolerante Basis.

Sollte John McCain im November tatsächlich gewählt werden, dann tun alle gut daran, ihm ein langes und gesundes Leben zu wünschen. Denn draussen vor der Tür, da lauert bereits der Pitbull. Und wenn der einmal im Weissen Haus sitzt – na dann gute Nacht!

Rudolf Amstutz