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das kulturelle überformat
Nr. 16 / 3. Juli 2008
#Interview mit Horst Weidenmüller, K7-Labelchef
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musik
Interview mit Horst Weidenmüller, K7-Labelchef

die grossen Plattenfirmen hatten aber eine wahnsinnige Panik vor Napster und haben die Firma kaputtgeschlagen. Durch dieses Gerichtsverfahren haben aber andere wie Kazaa herausbekommen, wie sie File-

Sharing-Unternehmen aufbauen können, ohne rechtlich belangt zu werden, und so ist eine ganze Brut von Piraterie entstanden. Hätte die Musikindustrie damals erkannt, dass Napster die neue Auswertungsform ist, dann wäre der Musikmarkt gewachsen, dann wären Tausende Stellen entstanden, dann wären Tausende von neuen Bands in den Markt gekommen. Stattdessen sind Tausende Stellen abgebaut worden, und Tausende Bands haben ihre Karriere beendet. Das war der Scheidepunkt, wo wir Indies gemerkt haben, dass wir die Sache selber in die Hand nehmen und ganz vorne mit dabei sein müssen. Denn bei den Majors dreht sich alles nur um die Kontrolle von Marktanteilen und Auswertungsformen, aber alles, was innovativ ist, ist ein Prozess, der in sich nicht abgeschlossen ist. Etwas, das innovativ ist, das kann keiner unterstützen, der eine Manie zur Kontrolle hat. Darum werden die Majors nie innovative Geschäftsmodelle unterstützen, weil sie diese nicht kontrollieren können.

2007 wäre es fast zu einer Fusion von Warner und EMI gekommen, zu dem IMPALA seinen Segen gegeben hätte – unter der Voraussetzung, dass die neue Firma Merlin dann finanziell unterstützt. Ist das nicht ein

Widerspruch für ein Organ, das eigentlich die Interessen kleinerer unabhängiger Firmen vertritt?

Eins muss ich klarstellen: Merlin hat keine

politische Agenda, Merlin ist rein kommerziell da, um die Rechte der Indies zu repräsentieren, und nicht ihre politischen Interessen. Die Politik wird von IMPALA gemacht, das sind zwei separate Institutionen. IMPALA ist auch nicht Anti-Major; IMPALA ist nur Pro-Indie. Wir haben kein Problem damit, wenn zwei Musikunternehmen fusionieren, sofern die Independents dadurch nicht aus dem Markt gedrängt werden.
Wir haben kein Problem damit, dass Warner und EMI zusammengehen und dann einen grossen Marktanteil haben, wenn wir die Möglichkeit haben, in diesem Markt mit zu mischen.
Aber dafür haben wir eben Merlin gebraucht: als fünftes Unternehmen können wir neben den Majors stehen, dann haben wir auch kein Problem damit, wenn es dann nur noch drei sind. Aber der Marktzugang für die Indies muss immer gewährleistet sein, und Warner hat das erkannt. Warner hat uns die Garantie gegeben, keine Indies mehr zu diskriminieren und uns zu helfen, den gleichen Marktzugang zu haben. Die wollen ja auch, dass wir neue Künstler auf den Markt bringen, die sie vielleicht mal übernehmen können, wenn wir dafür zu klein sind. Das ist ja dann auch eine sehr gesunde Symbiose.