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das kulturelle überformat
Nr. 16 / 3. Juli 2008
#Porträt
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dossier: Ry Cooder
Porträt

Das Sirren einer Saite wie das Flirren der Telefon- Drähte auf den Masten, wie das Flimmern der Hitze über dem Asphalt. Dann drei langgezogene, schimmernde Töne auf der Gitarre und die Bilder stellen sich ein: grelle Sonne, die weite Wüste im Westen der USA, eine gerade Strasse, ein einsamer Mann. Wer «Paris, Texas», Ry Cooders Titelmelodie zu Wim Wenders Film von 1984 gehört hat, vergisst sie nie. Was verblüfft, ist die Sparsamkeit, die Direktheit und die filmische Qualität dieser Musik. Wim Wenders war nicht der erste Filmer, der Cooders Fähigkeit, seine Gitarre zum Reden zu bringen und mit ihr Bilder zu generieren, erkannt hat. So verbrachte Cooder den grössten Teil der letzten 15 Jahre damit, Soundtracks zu schreiben. Doch Cooder ist viel mehr: er ist ein begnadeter Begleitmusiker, er ist ein musikalischer Archäologe und er machte Weltmusik, bevor es diesen Begriff gab.

Der Sideman


Das erste Mal auf Ry Cooder aufmerksam wurde ich als junger Popfan. Ein Schulkollege hatte mir «Sticky Fingers» von den Rolling Stones ausgeliehen. Nach 57 Sekunden der düsteren Drogenballade «Sister Morphine» drang aus dem rechten Lautsprecher ein unglaublicher Klang, eine schmerzhafte Gitarre, die Jaggers Entzugsschmerz-Blues untermalte. Im Kleingedruckten auf dem Plattencover las ich, dass diese Bottleneck-Gitarre von Ry Cooder gespielt wurde. Aber damals hatte ich noch keine Ahnung, was sich hinter dem Namen Ry Cooder alles verbarg.

Jahre später war ich fast ein wenig süchtig geworden auf diese Klangfarbe, die entsteht, wenn man ein Bottleneck (Flaschenhals oder Metallhülse) über Saiten gleiten lässt. Darin war Ry Cooder aus Los Angeles ein Meister. Schon in blutjungen Jahren war er professioneller Musiker geworden, zuerst mit Captain Beefheart, dann in einer Band mit Taj Mahal.