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das kulturelle überformat
Nr. 32 / 10. August 2010
#David Goldblatt
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360°
David Goldblatt

hatten. Natürlich galt als oberstes Gebot auch das Amateurprinzip: die Söhne aus reichem Haus, die vom Sport-Boom in ihren Internaten profitieren konnten, brauchten kein Geld. Sobald Geld ins Spiel komme, sei die Reinheit des spielerischen Geistes verseucht, meinte man. Dennoch hatte das Bestreben, mehr fitte junge Männer zu produzieren, durchaus auch praktische Gründe und sogar eine staatspolitische Dimension: für die Erhaltung des britischen Imperiums genügte allein der technische Vorsprung in Sachen Waffen nicht mehr aus, es brauchte auch starke Männer, um die Interessen der Queen in den fernsten Winkeln der Erde unter schwierigen Umständen wahrzunehmen.

Der Sport-Boom schürte bald das Bedürfnis, Wettbewerbe zwischen den diversen Internaten zu organisieren. Aber über die Jahre hinweg hatte jede Schule eine eigene Art von Fussballspiel mit eigenen Regeln entwickelt. 1846 fand der erste Versuch statt, die diversen Regeln unter einen Hut zu bringen. Bald zeigten sich ernsthafte Spaltungen. Die einen Schulen wollten es zulassen, dass der Ball auch mit den Händen gehalten werden konnten, die anderen nicht. Die einen Schulen setzten sich dafür ein, dass das Kicken des Gegners nicht mehr zugelassen sei, wieder andere glaubten, dass ein solcher Schritt zu einer übertriebenen Verweichlichung führe. «Dadurch würden wir Mut und Schlauheit aus dem Spiel verbannen», argumentierte ein gewisser Mr. Campbell. «In dem Fall sähe ich es als meine Pflicht, einen Haufen Franzosen herüber zu holen – die würden euch nach einer Woche üben schon kräftig aufs Dach geben.»

Alsbald wurden mehrere Vereinigungen aus der Taufe gehoben, die sich mit der Zukunft des Fussball befassen sollten. Die eine solche Vereinigung hatte ihren Sitz im nördlichen Sheffield, die andere, die ganz aus Vertretern von «Old Boys»-Clubs bestanden (also Clubs, deren Mitglieder Ex-Internatsschüler gewesen waren), war in London daheim. Langsam wurden die Regeln der diversen