nicht weiter um den anschwellenden Chor von Stimmen, die einen Boykott von Südafrika verlangten. Havelange war ein superreicher Brasilianer, der sein Land als Präsident der brasilianischen Fussballvereinigung von 1958 bis 1974 durch eine grosse Fussball-Ära geführt hatte. Als der für die Nationalmannschaft an der Seite von Pelé so wichtige Garrincha eine Rechnung für zehn Jahre Steuern nicht bezahlen konnte, wurde diese von Havelange berappt, um sicherzustellen, dass der Spieler bei der WM 1966 auf dem Rasen stand statt im Knast zu sitzen. Angetrieben von einem gewaltigen persönlichen Ehrgeiz und vom einem Frust, den er mit ganz Lateinamerika teilte, dass dieser Erdteil zwar tollen Fussball servierte, bei den Entschlüssen des Weltverbandes jedoch regelmässig von den Europäern kalt gestellt wurde, lancierte er eine wohlorchestrierte Kampagne, sich die Stimme der afrikanischen Länder zu sichern, indem er ihnen den gewünschten Boykott des südafrikanischen Apartheidverbandes versprach.
Im Rahmen dieser Kampagne bereiste Havelange 86 Länder – die Mappe mit all den nötigen Flugtickets war ein Kilo schwer. Der Engländer Rous, der nicht im Traum daran dachte, mit so viel politischer Berechnung ans Werk zu gehen, hatte keine Chance und wurde abgewählt. Seither sind es die Briten, die sich von der FIFA regelmässig übergangen und ausmanövriert vorkommen. Der bis heute andauernde Zorn der Briten – Havelanges Nachfolger Sepp Blatter wird in den britischen Medien gern als verlogener Despot und Clown dargestellt – ist nicht nur auf verletzten Nationalstolz zurückzuführen. Havelange verwandelte die FIFA von einem amateurhaften, mausarmen Verwaltungsapparat in eine gnadenlose Kommerzdiktatur. So bleibt es fraglich, ob es wirklich im besten Interesse der afrikanischen Staaten war, wenn die FIFA mit der ganzen donnernden juristischen Macht einer Weltorganisation darauf pochte, dass kein Lokalhändler von der Fussball-WM profitieren konnte, um die die Allmacht der offiziellen Sponsoren nicht in Frage zu stellen.