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das kulturelle überformat
Nr. 32 / 10. August 2010
#David Goldblatt
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360°
David Goldblatt

Wahrscheinlich wussten schon die Neanderthaler, dass der Fuss einzig dafür geschaffen ist, um ein rundes Bündel durch die Weltgeschichte zu kicken. Alle frühen Zivilisationen kannten Ballspiele, bei denen der Fuss zum Einsatz kam. Der Schweizer FIFA-Präsident Sepp Blatter hat in Situationen, wo er eine diplomatischen Punktegewinn witterte, behauptet, Fussball sei in China erfunden worden. Aber auch die Eingeborenen von Australien und Nordamerika hatten ihre eigenen Fuss- und Ballspiele. Docvh nur die Olmeken wussten indes schon vor ein paar tausend Jahren, wie man Gummi herstellte – deswegen konnten nur in Mittelamerika die Bälle auch hüpfen. Über 3’000 Jahre hinweg wurden in Süd- und Zentralamerika allerhand verschiedene Ballspiele erfunden – auch solche mit einem Schläger wie bei Baseball oder Cricket – und ins Sozialgefüge eingebaut: Bei den Azteken und Mayas wurden Spielzüge und Spieler mit den Bewegungen der Gestirne verglichen. Dann und wann verloren reiche Männer ganze Landzüge, weil sie bei einem Spiel auf das falsche Resultat gewettet hatten. Manchmal ging es bei einem Spiel um Leben und Tod: Die Verlierer wurden enthauptet. Als die Spanier in Amerika ankamen, hatten sie Angst vor den Gummibällen. Sie verstanden nicht, wie diese solche kuriosen Sprünge machen konnten und kamen zum Schluss, es müsse der Teufel in ihnen stecken. 1528 schiffte Cortés Spielapparate und Spieler nach Spanien zurück, wo sie vor der Noblesse von Katalonien eine Show geben mussten. Selbst diese gebildeten Menschen konnten für das Gesehene keine für Christen akzeptable Erklärung finden. Daraufhin wurden die spanischen «Entdecker» in Amerika angehalten, das Ballspiel zu unterdrücken. Die Arbeit wurde ihnen insofern leicht gemacht, als die Lokalbevölkerung sowieso durch die Krankheiten hingerafft wurden, welche die Europäer mitgebracht hatten.

In Europa herrschte damals keine grosse Spiellaune. Im Zeitalter der Ritter und Kreuzzüge waren frivole Freizeitbeschäftigungen nur dann gefragt, wenn sie für den Alltag nützlich waren und zum