Philippe Auclair / © Pan McMillan, London

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das kulturelle überformat
Nr. 32 / 10. August 2010
#Interview mit Philippe Auclair, Fussballphilosoph
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360°
Interview mit Philippe Auclair, Fussballphilosoph

1914–1991») von 3000 Seiten nur eine einzige dem Fussball gewidmet hat, im Vergleich zu etwa 15 Seiten für den Sozialistischen Realismus. Das ist verrückt. Ich denke hier nicht bloss an politisch aufgeladene Situationen wie die WM 1934 mit Pozzos Italien-Team und dem Hitlergruss des englischen Teams in Berlin 1938, sondern auch den 6:3 Sieg des Ungarn-Teams 1953 gegen England in Wembley. Wie sie in Helsinki olympisches Gold erreichten, und was das vor dem Aufstand 1956 bedeutete. Was sie auf dem Spielfeld zeigten, war die Qualität der kreativen Freiheit und blickte voraus auf das, was in Ungarn passieren würde. Dieses Land hatte in sich einen Geist versetzt, der sich der Tyrannei widersetzte. Und natürlich setzten sich all diese Spieler 1956 prompt ins Ausland ab. Oder nehmen wir das Frankreich-Team der späten Fünfziger. Die Tatsache, dass die algerischen Spieler aus dem französischen Team entfernt wurden. Warum wird Fussball nicht mit mehr Ernsthaftigkeit behandelt, wenn es um seinen Platz in der Geschichte geht? In England gibt es Universitäten, deren Soziologie-Institute sich damit befassen, aber da geht es vor allem um Dinge wie Hooligans und die soziale Analyse der Leute, die zu Fussballspielen gehen, nicht um den weiteren Zusammenhang.
http://www.louisphilippe.co.uk/