Ohne Indies kein Rock’n’Roll.
In den 1920er und 1930er Jahren des letzten Jahrhunderts war das Verlagswesen im Musikgeschäft wichtiger als die Plattenfirmen. Es ging darum, die Noten der gängigen Musical- und Varieté-Schlager für den Hausgebrauch zu verkaufen. Als Big Band-Jazz aufkam, wurden Platten schon wichtiger – noch wichtiger, als Bandleader wie Glenn Miller anfingen, Sänger anzustellen, um sich von der Konkurrenz abzuheben. Die sechs amerikanischen Major-Labels jener Tage – Columbia, Victor, MGM, Capitol, Mercury und Decca – übten in den mittleren 1940er Jahren eine absolute Marktdominanz aus. Diese schon damals behäbigen Firmen konnten sich und wollten sich nicht mit Randerscheinungen herumschlagen, und hier witterten allerhand mutige Kleinunternehmer ihre Chance. So waren alle Schattierungen schwarzer und folkiger Musik die Domäne solcher zumeist lokal orientierten Kleinfirmen.
Als in diesem Underground aus der Fusion von Rhythm & Blues und Elementen vom ebenfalls blutjungen Country & Western der Rock’n’Roll zu gären anfing, liessen die Majors tunlichst ihre Finger davon. Sie wollten sich diese nicht schmutzig machen mit libidostrotzender, anti-autoritärer Musik, in der erst noch alle Stimmen irgendwie «schwarz» klangen, selbst wenn sie Weissen gehörten (das reduzierte die Absatzchancen im Süden schon einmal gewaltig). Noch Ende der 1950er Jahre wollte der Multi RCA ein Album vom bösen Comedian Tom Lehrer, das dieser vor längerer Zeit selber veröffentlicht und vor allem unter Studenten erfolgreich abgesetzt hatte, nicht ins