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das kulturelle überformat
Nr. 25 / 22. Juni 2009
#Jonathan Miles: «Dear American Airlines»
  4/5
literatur
Jonathan Miles: «Dear American Airlines»

Leben inne hält. Er hätte sich am Kiosk einen billigen Roman kaufen können, dann wäre er nicht in Versuchung dieses Briefes gekommen. Doch Ford, der seine lyrische Karriere begraben hat und als Übersetzer polnischer Literatur arbeitet, will zumindest einmal im Leben etwas von Wert geschrieben haben. In der zweiten Hälfte, in einer wunderschönen feinsinnigen Passage, stellt er sich die Leserin des Briefes vor, die im Hauptsitz der Airline trotz der Aufforderung des Vorgesetzten die Beschwerde wegzuwerfen, sich in diese Lebensbeichte festkrallt, ihr eigenes Leben vielleicht darin wiederfindet und am Ende ihm so dankbar ist, wie er ihr.

Trost findet er auch in jener Literatur, mit deren Übersetzung er sich gerade beschäftigt. Der polnische Roman handelt von einem Soldaten, der im Zweiten Weltkrieg auf seiner Heimreise unfreiwillig in Triest gestrandet ist. Im Kampf hat der Soldat ein Bein verloren, doch weil er in der Nacht stets träumt, er sei unversehrt, durchlebt er jeden Morgen das Trauma des Verlustes neu. Zudem entgleitet ihm durch ein Missgeschick die Liebe seines Lebens genauso wie Ford einst Stella entglitt.

Jonathan Miles gelingt das Kunststück, diesen anfänglich harschen und üblichen Beschwerdebrief dieses Mannes ganz sachte in eine Lebensbetrachtung zu überführen. Er tut dies mit Witz, Ironie, aber auch mit überraschendem Tiefgang und Hintersinn. «Dear American Airlines» verflechtet geschickt die einzelnen Lebensstationen zu einer immer wieder überraschenden Reflexion über das Leben. Und wenn auch Benjamin R. Ford nicht gleich