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das kulturelle überformat
Nr. 25 / 22. Juni 2009
#Kolumne von Ernst Molden, Wien
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gedankengang
Kolumne von Ernst Molden, Wien

Da trifft sich dann irgendwie das finstere Österreich am Ort seiner Prägung wieder. Wenn Sie jetzt Pessimismus aus meinen Worten hören, dann, weil ich das Wahlergebnis kenne: es sind wieder jene österreichischen…mhm…Volksvertreter nach Europa gewählt worden (und ja, man muss leider von Europa noch immer wie von etwas Aussenliegendem sprechen), für die Österreich dann wahlweise belächelt oder gefürchtet wird.

Ein Hardliner (der außer der Härte eigentlich für nichts steht) hat für  die Christdemokraten gewonnen, weit abgeschlagen Zweiter sind die Sozialdemokraten, deren Kanzler immer erst den Volkksmund sucht und beobachtet, ehe er den eigenen aufkriegt. Dritter wurde ein antieuropäischer Populist mit seiner Bürgerliste und Vierter Straches Rechtsextreme von der FPÖ, die sich nachher in der von ihren Anhängern so geliebten Blicktrübung als Wahlsieger feiern liessen. Strache trat dabei erstmals nicht mehr mit blauem, sondern mit braunem Schal auf. «Tag der Abrechnung» hatte er auf seine Plakate drucken lassen.

Knapp über 40 Prozent unserer Leute haben Europa gewählt. Als ich, am Bauzaun sitzend, so auf die Liebste wartete, schaute ich, wer das alles ist. Und immer mehr kriegte ich das Gefühl, nur jene Leute kommen hier rechte, autoritäre Ungustln wählen, die an diesem «Tag der Abrechnung» gern in ihre alten miefigen Schulen zurückkehren, um sich an der eigenen Vergangenheit zu rächen. Betagte Damen mit wie von Spasmen zusammengepreßten Mündern. Trinker in Trainingsanzügen mit gehetzt herumstreifenden Blicken. Wächserne Trachtenträger, die ihre gescheitelten Kinder mit zur Wahl führen wie arme Hunde. Ich kannte das Wahlergebnis noch nicht, da kannte ich es schon. Wo seid ihr, schrie es in mir, meine schönen, klugen, guten Freunde?




Kolumne
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GELESEN
und
vertont
von
Ernst
Molden