«I’m completely neutral – I want them all to lose»

Unglaublich – die Engländer bei der Euro 08 nicht dabei! Wie konnte das nur passieren? Und wie kann die Nation, die unser aller Fussballregeln erst erfunden, aufgeschrieben und in die restliche Welt hinausgetragen hat, so eine Schmach überleben? Easy. Sündenböcke finden. Und natürlich die Champions League gewinnen! Der Unterschied im britischen Alltag im Vorfeld zum Eurostart im Vergleich zu den Wochen vor der letzten WM in Deutschland ist frappant. Zwei Monate vor dem Kick-Off 2006 stürzte sich die freie britische Marktwirtschaft mit Gusto in die Aktion. Auf den Plätzen, wo vorher koreanische Kleingangster ihre Raub-DVDs feilgehalten hatten, verkauften nun dieselben koreanischen Kleingangster «offizielle» Maskottchen. Aus Shops, die jahrelang tot und verbarrikadiert gewesen waren, wedelten plötzlich die Wimpeln und Shirts aller teilnehmenden Nationen: eine weitere Form kreativer Häuserbesetzung, ganz zu schweigen von Arbeitsbeschaffung für die Kinder in den Sweatshops des Fernen Ostens. Das Londoner Strassenbild war mit einem Mal bunt wie Mexico City – jedem Auto flatterte eine Fahne hinterher. In den Pubs, wo eiligst noch mal zehn TVs eingerichtet wurden, damit es endgültig unmöglich sein würde, ein englisches WM-Tor zu verpassen, wusste plötzlich der hinterste Absturzpilot Bescheid über die Tugenden und Untugenden der Stars von Ecuador, Angola und den USA.

Egal, dass allerhand Fussballpuristen monierten, die Qualität des Gebotenen liege bei einer WM deutlich unter dem Niveau einer EM, weil bei einer WM etliche europäische Top-Teams fehlten, derweil man sich an der WM aus Gründen der fussballerisch-politischen Korrektheit mit Ländern auseinandersetzen müsse, die es objektiv gesehen gar nicht verdienten, auf einem Weltparkett aufzutreten. Sprich: es lag praktisch unter der Ehre der Engländer, die ja von