Anzeige
das kulturelle überformat
Nr. 6 / 29. Juni 2007
#1967 – Die Literatur
  2/10
dossier: Summer of Love
1967 – Die Literatur

Dreiundzwanzig Jahre später, im Juni 1990, war Allen Ginsberg immer noch eine formidable, fulminante Erscheinung. Der 64-Jährige war nach London gekommen, um über seine neue und faszinierende LP «The Lion For Real» zu sprechen, die er unter der Produktionsägide von Hal Willner mit Musikern wie Ralph Carney, Bill Frisell, Arto Lindsay, Gary Windo und Marc Ribot eingespielt hatte. Ginsberg und die restlichen Beatniks erfreuten sich zu der Zeit ausserhalb der intimeren Fan- und Nostalgiker-Zirkel keiner grossen Resonanz mehr. Das war kurios. Gerade steckte die Acid-House-Szene mit ihrem hedonistischen Credo in der Hochblüte, ja, sowohl der Sommer 1988 als auch jener von 1989 waren von den Medien zu den «second Summers of Love» erhoben worden.

Auch vom Inhalt her hatten Ginsberg, Gary Snyder, Gregory Corso, Lawrence Ferlinghetti und all die anderen Grossen des «Summer of Love» Töne angeschlagen, die der Acid-House-Generation eigentlich hätten gefallen müssen. Sie bedichteten die psychische und physische Befreiung des Individuums von den Fesseln bürgerlicher Normen, sie verstanden sich gleichzeitig als soziale Wesen mit politischer Verantwortung, und sie redeten gern über ihre Geistesverbindung zu allerhand fernöstlichen Philosophien (gerade drifteten ja viele House-Fans nach Goa ab, wo sie sich unter anderem den Freuden eines neuen House-Stiles, Goa-Trance, hingaben...). Nun, ein bisschen war es doch auch verständlich, dass es den Ecstasy-Köpfen gerade nicht um die Ergüsse von Ginsberg zumute war. Auf der gedruckten