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das kulturelle überformat
Nr. 6 / 29. Juni 2007
#Kolumne von Markus Ganz, Zürich
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gedankengang
Kolumne von Markus Ganz, Zürich

Als mir klar wird, dass mit dem Handy die Musikindustrie gerettet werden soll, habe ich mir unverzüglich im Nail-Studio die Fingernägel spitzen lassen und eine Lesebrille gekauft. Derart vorbereitet ist die konkrete Anwendung zwar gewöhnungsbedürftig, mit Fingerakrobatik aber bewältigbar – schon bald habe ich den ersten Song im Kästchen. Ähnlich wie bei bekannten Internetanbietern von Musik kann man nach Interpret, Album oder Song suchen. Bei 3 Millionen Stücken findet selbst ein verwöhnter Musikjournalist noch Titel, die er sich kaufen will. Und man kann sich zuvor ja einen halbminütigen Ausschnitt davon anhören, der – wie der gesamte Datenverkehr – gratis ist.

Nach der Kaufbestätigung wird der Song sofort aufs Handy geladen, verwirrenderweise allerdings auf zwei verschiedene Arten. Dies dauert je nach Verbindungstechnik und Songlänge zwischen einer halben und drei Minuten – und klappt nicht immer, teilweise wird im Player zudem der Interpretenname nicht angezeigt. Man kann den Song zur Sicherheit aber auch noch ein zweites Mal (auch auf ein weiteres Handy) herunterladen.

Nach dem Triumph, die technologischen Herausforderungen gemeistert zu haben, mit jugendlich wachem Geist für die Zukunft gerüstet zu sein, folgt beim Anhören die Ernüchterung. Es ist vielleicht vermessen, sich ein Klavierstück von Erik Satie auf dem Handy anhören zu wollen. Doch die Klangqualität ist so schlecht, dass ich gar nicht weiterhören mag. Weitere Beispiele zeigen, dass die Auflösung von 64 kBit/s für Klassik und feinere Musik wie etwa Folk schlicht ungeniessbar ist.

Für die meisten Popsongs ist sie knapp genügend, wenn man sie sich in lärmiger Umgebung unterwegs anhören will. Timbalands «Give It To Me» klingt sogar recht satt und knackig. Vermutlich hat er, so clever wie er ist, das Stück bereits für den Handygebrauch optimiert. Deutlich besser klingen die Beispiele in den Versionen