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das kulturelle überformat
Nr. 6 / 29. Juni 2007
#Manga
  17/17
comic
Manga

Gegensatz zu den Shôjo-Manga als «realistische» Romanze daher. Die Liebe zwischen Endo und Kirishima wirkt vor der Kulisse des schulischen Drills wie ein Nonkonformismus auf Zeit, auf den wohl bald einmal die Wiedereingliederung der Protagonistinnen in gesellschaftliche Normen folgen wird.

Allerdings machte dieser Nonkonformismus in vielen Manga Schule, die Darstellung erotischer Ambivalenz in den so genannten Shonen-Manga für Jungs ist gefragt und es entwickelte sich daraus das auf Homoerotik spezialisierte Genre Shonen Ai. Ein erstaunliches Phänomen begann sich schnell einmal abzuzeichnen, zogen doch Shonen Ai sofort und vorwiegend eine junge weibliche Leserschaft an. Ein konkretes hiesiges Beispiel: die 19-jährige Blanche arbeitet als Manga-Spezialistin im Zürcher Comic Shop. Auch sie bevorzugt Shonen Ai-Manga. Warum? Blanche meint, dass gute Shonen Ai-Geschichten grundsätzlich zwischen irgendwelchen Leuten spielen könnten, doch ist sie, wie viele andere junge Frauen, gerade vom sensibl-erotischen und weitab jeglichen Macho-Gebarens angesiedelten Umgang fasziniert, wie ihn junge Männer in Shonen Ai-Manga miteinander pflegen. Nonkonformistische Grenzgängerei, wie sie im Josei-Manga «Blue» auch die beiden Schülerinnen betreiben und dabei ungewöhnliche Seiten des Lebens ausloten und entdecken. Wenn auch vielleicht nur auf Zeit.

Hans Keller