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das kulturelle überformat
Nr. 14 / 8. Mai 2008
#Portishead
  8/8
musik
Portishead

Mir kommt es vor wie damals beim Drum’n’Bass, der ja auch von hier kommen soll. Es stimmt schon, dass Roni Size für die Szene wichtig war, aber dass Drum’n’Bass hier das Licht der Welt erblickt haben soll, ich weiss nicht so recht. Was mich an Bristol ärgert, ist die Tatsache, dass es hier so viele wohlhabende Studenten gibt, dass sich heute alles um sie dreht. Das wäre ja nicht schlimm, wenn die Studenten interessante Szenen unterstützen würden, aber heute sind die Studenten so konservativ, dass die wirklich spannenden Veranstaltungen weitab der Universitäten und Colleges stattfinden. Früher war das anders, da waren die Studenten für den Underground zuständig. Ich weiss, ich töne wie ein bitterer alter Mann, aber nur, weil ich bereit bin, mich über gewisse Dinge aufzuregen, anstatt wie die meisten Leute in Bristol in meiner ganz eigenen Fruchtblase herum zu schwimmen und mich einen Dreck um meine Umwelt zu scheren.

Die Musikindustrie ist auch nicht mehr das, was sie einmal war.  Wie kommen Portishead mit der momentanen  Krisenstimmung zurecht? 

Heute machen die Plattenfirmen ihr Geld über Kooperationen mit Telekommunikationsfirmen, die neue Kunden mit Klingeltönen und Sonderangeboten ködern. Auf so etwas wollten wir uns nicht einlassen – was einige unserer Vertragspartner ziemlich geärgert hat. Aber

stellen Sie sich vor, wir müssten ein paar zusätzliche Stücke aus dem Ärmel schütteln, damit ein Konzern wie AOL oder sonst wer Portishead-Exklusivitäten ins Netz stellen kann. Als Band, die zehn Jahre lang an einem Album werkelt, wären wir völlig überfordert. 

Bedeutet das jetzt, dass Sie öfter auf Tournee gehen werden, um die sinkenden Plattenverkäufe auszugleichen?

Theoretisch schon. Das Problem ist nur, dass es mir keinen Spass bereitet, live zu spielen und mich mit den ganzen logistischen und technischen Fragen herumzuschlagen, die Tourneen mit sich bringen. Weil Beth so leise singt, müssen wir zwei separate PA-Anlagen mitschleppen, damit wir ein brauchbares Klangbild hinkriegen, was uns trotzdem nicht immer gelingt. Darum werden Sie Portishead nicht an den grossen Open-Airs antreffen. Nach unserer Frühlingstournee und einem Auftritt am Coachella-Festival in Amerika ist fürs Erste Schluss mit Konzerten. Just in der Zeit, in der andere Bands auf Touren kommen, werden wir wieder verstummen.



Aktuelles Album:
Portishead, Third (Island / Universal)

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