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das kulturelle überformat
Nr. 14 / 8. Mai 2008
#Gerhard Polt
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literatur
Gerhard Polt

der Mündlichkeit zu, unterlegt ein Argument mit unendlichen Wiederholungen der Begriffe und schafft so eine Nähe, als ob man mit dem Kerl, der da spricht am selben (Stamm-)Tisch sitzen würde:

Manchmal stelle ich mir schon die Frage, vor allem, weil mich fragt ja keiner, was will eigentlich diese Minderheit? Was wollen die? In Bayern eine Minderheit zu sein ist doch (…) Mein Gott! Ist sich diese Minorität immer noch nicht wenig genug? Wie wenig will sie denn noch werden? Langt’s ihr noch immer nicht? Sie war’s doch eindeutig selber, die sich zur Minorität gewählt hat! Demokratischer geht’s doch gar nicht!

Doch Polt beschränkt sich nicht nur auf den kleinen Mann. Man erinnert sich gerne an jenes Stück seines Kabarettprogramms «Der Standort Deutschland», in dem ein Bürgermeister seinen Kurort zur Wellness-Oase mit allem Schnickschnack umfunktioniert hat. Jetzt, in «Drecksbagage» kommt ein Wirtschaftskrimineller zu Wort, der sich ungerecht behandelt fühlt. Oder der Mäzen, der sich ganz in den Dienst der guten Sache stellt:

Sie glauben ja nicht, was man da mitmacht. Gestern, das ging bis spät in die Nacht. Wir ham doch diese Trüffel-Rallye ins Leben gerufen, damit die da unten in Afrika ihre Fussball-WM auf die Reihe kriegen…

Bei Polt sind sie alle gleich, die Grossen wie die Kleinen, weil letztlich leben sie von den Ressentiments gegen andere und mit der Unzufriedenheit über sich selbst. Durch die Wortwahl Polts erhalten sie eine Stimme und der Leser ein Hörbuch ohne Ton.