der Unfall hat sie gewissermassen voneinander getrennt. Der eine kämpft mit der Schuld, der andere kreiert zwischen Trauer, Wut und Rachegelüsten ein Monster in seinem Kopf. Ist es möglich, dass ein an und für sich sanftmütiger Mensch in einer solchen Situation tatsächlich in der Lage ist, einem anderen etwas anzutun? Gerade in der Zeit nach 9/11 bekam der Wunsch nach Rache eine völlige neue Qualität unter Menschen. Deshalb war es mir wichtig, den Täter genauso zu betrachten wie das Opfer, um die Innenansicht beider Personen einander gegenüber zu stellen.
Es scheint als würden Trauer und der Wunsch nach Rache derselben Quelle entspringen. Ist dies eine der Botschaften des Films?
Um uns genauer mit dieser Thematik zu beschäftigen, trafen wir uns mit einer Frauenorganisation, die sich MAD nennt, Mothers against Drunken Drivers. Viele dieser Frauen haben Kinder durch Unfälle verloren. Und es hat sich gezeigt, dass diese Frauen fast alle das Gefühl haben, sie hätten durch die Justiz keine Gerechtigkeit erfahren. Diese Menschen sind unfähig, die Tragik hinter sich zu lassen, weil sich solche Unfälle nicht erklären lassen. Der Schmerz erhält deshalb auch keine Antwort. Man sieht das bei Phoenix’ Charakter im Film. Neben der Wut gegen den anderen, ist es auch eine Wut gegen sich selbst. Eltern werden von Selbstvorwürfen gequält. Jennifer Connelly, die die Ehefrau
Jennifer Connelly (Grace Learner)
spielt, geht einen anderen Weg. Nach der Trauer und Unfähigkeit weiterhin am Alltag teilzunehmen, erkennt sie vor allem auch durch ihre Tochter, dass das Leben weitergehen muss. Während die Trauer des Mannes sich in eine Obsession flüchtet. Im Grunde genommen ist «Reservation Road» einer griechischen Tragödie nicht unähnlich. Es wird die Basis der menschlichen Gefühle ausgelotet.
Dann hat sich der Mensch in diesen Jahrhunderten nicht weiterentwickelt? Gerade was den Umgang mit Rache angeht?