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das kulturelle überformat
Nr. 5 / 31. Mai 2007
#Edward St. Aubyn
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literatur
Edward St. Aubyn

Man mag ihn bereits zu Beginn des Buches nicht: David Melrose, die Hauptperson in Edward St. Aubyns Buch «Schöne Verhältnisse». Man mag ihn nicht, weil er da mit seinem blauen Morgenmantel auf der Terrasse des südfranzösischen Anwesens steht, die Zigarre genüsslich im Mund, und mit einem Wasserschlauch in diebischer Genugtuung eine Ameisenkolonie auszurotten versucht.

David Melrose ist ein Adliger. Über den Umweg einer Prostituierten stammt er gar von Charles II. ab. Aber weil er in jungen Jahren Arzt werden wollte und dies denn auch tat, enterbte ihn General Melrose. Er benutzte das Geld stattdessen zur Aufzucht von Fasanen. Die Jagd, so meinte der Vater, sei etwas der sozialen Klasse Entsprechendes, Wunden heilen dagegen die Aufgabe der Mittelschicht.

Dass David Melrose sich an jenem Morgen zu Beginn des Romans dennoch seiner Lust auf «Jagd» nach Ameisen widmen kann und nicht den Wunden anderer, liegt daran, dass er sich das verlorene Geld wieder angeheiratet hat. Eleanor Melrose, geborene Duchesse de Valençay mit amerikanischen Wurzeln, widmet sich am selben Morgen ebenfalls ihrem Steckenpferd: dem Genuss hochprozentiger Getränke. Die Demütigungen ihres Mannes haben Eleanor längst in die Trinksucht getrieben.

So beginnt «Schöne Verhältnisse», obwohl der englische Originaltitel «Never Mind» den Zynismus weit besser auszudrücken vermag. Der Leser erlebt in der Folge einen einzigen Tag im Leben der Melroses.