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das kulturelle überformat
Nr. 13 / 4. April 2008
#Wiedergehört: John Lennon/Yoko Ono, «Plastic Ono Band» (1970)
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musik
Wiedergehört: John Lennon/Yoko Ono, «Plastic Ono Band» (1970)

Nachdem er gemeinsam mit Yoko bei Dr. Arthur Janov die Urschrei-Therapie praktiziert hatte, entliess er all seinen Ballast auf diesem Album. Gemeinsam mit Ringo Starr am Schlagzeug und Klaus Voormann am Bass entledigte er sich der falschen Oberfläche, in deren Sicherheit sich Popsongs bis dahin gewiegt hatten. Der Schmerz über die verstorbene Mutter und über den als Kind erlebten Weggang des Vaters setzte er in «Mother» um, das am Ende – ganz dem Urschrei verpflichtet – im unendlich wiederholten Satz «Mama don’t go, Daddy come home» gipfelt. Man hört Lennon ganz verletzlich und manchmal ganz roh. «Plastic Ono Band» ist eines der ersten Rockalben ohne inhaltlich doppelten Boden. So nah an der Unmittelbarkeit, wie es sich ein Idol wie Lennon erlauben konnte.

Und diese Radikalität setzt sich im Album von Yoko Ono fort. Da lässt die Plastic Ono Band (in derselben Besetzung und in einem Song um das Ornette Coleman Quartett ergänzt) sämtliche vertrauten Strukturen fallen. In Stücken wie «Why» und «Why Not» jammt sich die Band in klangliche Gefilde, die man heute noch getrost als experimentelle Schotterstrasse bezeichnen kann. Hier ist das Scheitern mit einkalkuliert, was zuweilen dann zu grossartigen Momenten führt, wenn John Lennon traditionelle Gitarrenriffs aufbricht und dekonstruiert, um sie wieder zusammen zu fügen, Yoko Ono ihre Stimme als Instrument zwischen Urschrei und japanischer Tradition einsetzt und selbst Ringo Starr sich als virtuoser Ideengeber entpuppt. Ein Album, das einem auch heute noch beim ersten Hören die Sprache verschlägt, sich aber in der Folge immer mehr öffnet und sich letztlich als kongenialer Partner zu Lennons Werk gesellt.

So unterschiedlich die beiden Platten auch klingen, so sind sie doch derselben Radikalität, demselben Wunsch das Alte gänzlich fallenzulassen verpflichtet. Kein Wunder beriefen sich viele Punkrocker auf diese in ihren Grundmauern ganz und gar revolutionären Alben. «Plastic Ono Band» zeigt aber auch die