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das kulturelle überformat
Nr. 22 / 16. März 2009
#Luke Haines
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musik
Luke Haines

«Ich bin ein misanthropisches, egomanisches, solipsistisches Genie», schrieb Luke Haines einmal: «Drei von diesen Eigenschaften erachte ich als Tugenden, eine als mein Geburtsrecht.» Auf Seite 72 seiner so amüsanten wie bärbeissigen Memoiren «Bad Vibes – Britpop And My Part In Its Downfall» berichtet er, dass ihn der schottische Songschreiber Momus «Adolf Hitler des Britpop» genannt habe. Das passt ihm nicht: «Der Vergleich würde viel eher zu Damon Albarn passen. Wenn ich überhaupt mit jemanden aus jener Umgebung verglichen werden soll, dann doch lieber mit Albert Speer.» Haines ist ein typisches Exempel für einen vom aussterben bedrohten Typus Engländer: ein gebildeter Mann, der sich darin gefällt, seine Umgebung mit provokativen Sprüchen zu verunsichern, bei denen man sich nie ganz sicher sein kann, ob er es wirklich so meint. Jedenfalls besteht sein Vergnügen darin, die nervöse Verwirrung auszukosten, die seine Verbalpetarden auslösen. Zum Beispiel sieht Haines keinen Grund dafür, sich mit falscher Bescheidenheit zu schmücken, wenn er andeutet, dass er sich für einen der grössten Songschreiber hält, den Grossbritannien seit der Erfindung der Queen hervorgebracht hat.

Der Gründe dafür, dass Luke Haines dann doch nie ein Superstar geworden ist, gibt es mindestens deren zwei. Zum einen ist es seine Musik: sie war nie besonders süffig, dafür raffiniert, bös und doppelbödig. Zweitens ist Haines der Ausdruck «he doesn’t suffer fools gladly» wie auf den Leib geschrieben: ohne Zweifel wird seine Meinung diversen «Fools» in der Musikindustrie saurer aufgestossen sein, als seiner Karriere gut sein konnte.