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Nr. 22 / 16. März 2009
#Heavy Metal und der Islam
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dossier: Hardrock
Heavy Metal und der Islam

Die Leser und Leserinnen von «USA Today» waren wohl überrascht, als sie letzten Oktober den Bericht über ein Heavy Metal-Konzert vorfanden, das im weit entfernten Ausland vor gerade mal 250 Leuten stattgefunden hatte. Die konservative Tageszeitung mit Millionenauflage mass dem Auftritt von Brutal Impact und Dog Faced Corpse offenbar eine besondere Bedeutung bei: das erste Metal-Konzert, das seit 2003 in Bagdad über die Bühne ging, sei ein Indiz, wie sehr sich die Sicherheitslage in der irakischen Hauptstadt entspannt habe.

Während vieler Jahre konnte man im Irak wegen eines auffälligen Band-T-Shirts umgebracht werden. Das sagte Mani von Brutal Impact im Gespräch mit «USA Today», und die traurigen Fakten geben dem 21-jährigen Musiker Recht. Laut der Agence France Presse (AFP) sind in den letzten fünf Jahren allein in der irakischen Hauptstadt um die 50 Musiker umgebracht worden. Aus Angst vor fundamentalistisch motivierten Übergriffen sei die Zahl der traditionellen Musikgruppen von einst 300 auf 100 zurückgegangen. Acrassicauda, die letzte in Bagdad aktive Metal-Band, floh schon 2003 in die Türkei, seither operiert die Szene im privaten Untergrund.

Gefangen zwischen Bürgerkrieg und Okkupation, ist der Irak natürlich ein Extremfall. Aber auch in anderen islamischen Ländern wird Heavy Metal mit Argwohn betrachtet. Das schreibt der US-amerikanische Historiker Mark LeVine in seinem jüngsten Buch «Heavy Metal Islam»: vielerorts würden Musiker und Fans verunglimpft, verprügelt oder gar verhaftet, wobei die Vergeltungsmassnahmen anders als im Irak eher politisch als religiös oder moralisch motiviert seien. Gemäss LeVine fürchtet manche Regierung jede Bewegung, die Tausende junger Menschen begeistern, berauschen und vereinen kann.