Einmal, im Sommer 1984, durfte sich Anvil in der Gesellschaft der Heavy Metal-Elite bewegen. An der Seite von den Scorpions, Bon Jovi und Whitesnake ging das Quartett aus Toronto auf Welt-Tournee. Es gibt dafür filmisches Beweismaterial. Aufnahmen von einem Rockfestival in Japan zum Beispiel, wo Frontmann «Lips» (alias Steve Kudlow) zum grossen Gitarrensolo ansetzt, dabei aber nicht wie Led Zeppelin einen Geigenbogen zur Anwendung bringt, sondern ein gewaltiges Dildo. Fast überflüssig zu beschreiben, was Lips dabei anhatte – nämlich eine raffinierte Kombination von Lederriemen und Strapsen direkt aus dem S/M-Shop. Weiters existieren Aufnahmen von einer Talk-Show am kanadischen Fernsehen, wo Lips und sein Seelenbruder, Drummer Robb (sic) Reiner, seine Texte, die in der Öffentlichkeit offenbar einen Sturm der Entrüstung entfacht hatten, verteidigen soll. Derweil sich das vorab weibliche Publikum angewidert abwendet, lächelt Lips und sagt: «Na und?»
Es soll dazu an dieser Stelle nur gesagt sein, dass auf dem zweiten und erfolgreichsten Anvil-Album «Metal on Metal» auch der Titel «March of the Crabs» anzutreffen ist – zu deutsch: «Marsch der Filzläuse» (es handelte sich dabei Gottseidank um ein Instrumentalstück). Nein, Anvil war in der Tat keine subtile Kombo. Aber wenn sie rockte, rockte sie gar nicht so schlecht. Jedenfalls passte sie mit ihren grotesken Kostümen und dem beschleunigten Metal-Tempo in den Zeitgeist – vielleicht waren sie diesem sogar ein paar Schritte voraus: Wenig später galten Thrash Metal und Speed Metal als der neueste Rockschrei. Aber während der Platz von Anthrax,