Foto: © Velibor Božović

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das kulturelle überformat
Nr. 22 / 16. März 2009
#Aleksandar Hemon
  5/6
literatur
Aleksandar Hemon

Geschichten über den Bosnien-Krieg zu erzählen weiss und dabei in Gefahr gerät, seine eigene darüber zu vergessen.

Wenn du nicht nach Hause kannst, kannst du nirgendwohin, und Nirgendwo ist das größte Land der Welt, ja die Welt selbst.


Brik erfährt ein Schicksal, das den meisten Immigranten eigen ist. In der alten Heimat fühlt er sich als Amerikaner. Zuhause in den USA – gerade auch wegen seiner erzkatholischen Schwiegereltern – als Bosnier. Das Land in dem Brik, Lazarus, Rora und Hemon leben heisst demnach Nirgendwo. Es ist eine Existenz zwischen Stuhl und Bank, an den Schnittstellen der Identitäten. Auch deshalb wirkt es für den Schriftsteller und Erzähler Brik befremdlich, wenn er in der trostlosen Einöde des ehemaligen Sowjetimperiums, zwischen Huren und Mafiosi, abgehalfterten Bürgern und eingefallenen Häusern seines Heimatgefühls bewusst wird, obwohl doch seine grosse Liebe, Ehefrau Mary, «zuhause» auf ihn wartet.

Das klingt jetzt alles todernst und sehr bitter. Und die Schilderungen aus dem alten Chicago sind es auch. Doch die Reise durch die Gegenwart, die sich langsam anbahnende Männerfreudschaft zweier völlig unterschiedlicher Charaktere, die erzählt Hemon lakonisch und voller Witz. Anders so scheint es, ist der Sinnsuche nicht beizukommen.