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das kulturelle überformat
Nr. 12 / 6. März 2008
#Interview mit Nick Cave
  2/10
musik
Interview mit Nick Cave

Irgendwas muss so in den letzten ein bis zwei Jahren mit Nick Cave passiert sein. Seine Verehrer aus alten Zeiten, in denen er als hagerer Selbstzerstörer seine vampirische Muse mit dem eigenen Lebensblut fütterte, hatten es die längste Zeit an ihm vermisst: jenes Rasen, das er Ende der neunziger Jahre gemeinsam mit seiner Alkohol- und Heroinsucht abgelegt hatte.

Stattdessen hatte Cave sich als gesundeter, glücklich verheirateter Familienvater, preisgekrönter Autor und harter Musikarbeiter neu erfunden, der perfekte Lovesongs konstruiert, ja hin und wieder gar ein bisschen trockene Satire anbringt. Mit der 2004 erschienenen Doppel-CD «Abattoir Blues / The Lyre Of Orpheus», die die ganze Bandbreite seines Songwritings und die gereifte Wendigkeit seiner Band, der Bad Seeds, im triumphalen Gala-Format präsentierte, war der inzwischen von London in die beschaulichere Seestadt Hove nahe Brighton verzogene, australische Wahlbrite endgültig in die Liga der Unantastbaren aufgestiegen.

Doch dann kam Grinderman, jenes aus der reduzierten Besetzung seiner sogenannten Solo-Tournee formierte Quartett mit Jim Sclavunos am Schlagzeug, Martyn P. Casey am Bass, Caves musikalischem Busenfreund Warren Ellis an Geigen, Gitarren und dergleichen. Es war die Rückkehr des Funkelns in Nick Caves Augen, die Rückkehr der – diesmal drogenfreien – Raserei, des Radau und des Rock’n’Roll.

Ein Jahr später treffen wir nun jenen neu angestachelten Nick Cave in einem verschlafenen Gentleman’s Club in Hove bei einer Tasse Tee, um mit ihm über «Dig, Lazarus, Dig!!!», das neue Album der Bad Seeds zu sprechen. Er trägt einen Gangster-tauglichen dunklen Dreiteiler mit weissem Steif und bezeichnenderweise immer noch den verdächtigen Schnauzer der Grinderman-Phase.