überhaupt noch Musik möglich war, ist erstaunlich. Dass all diese Alben – besonders «Wolf City» und das diese Schaffensphase abschliessende «Vive La Trance» immer noch grossartige, orginelle Musik enthielten, grenzt an ein Wunder. Die wahren Früchte ihrer Pionierarbeit konnten die Düüls allerdings nie pflücken. Derweil Krautrock-Gruppen wie Neu! und Ashra Tempel oder auch Can später die Elektronik- und Dance-Szene nachhaltig beeinflussten und sich ihre CDs immer neuer Auflagen erfreuten, gerieten Amon Düül 2 im Ausland in Vergessenheit. Weil sich ihre Experimente im Umfeld des klassischen Rock bewegten, wurden sie von den britischen Szenenaposteln der neunziger Jahre und bis heute meist ungehört der gleichen teutonischen Rockszene zugeteilt, die so humorlose Schwer- oder Psychedelikrocker wie Lucifer’s Friend, Scorpions oder Nektar hervorgebracht hatte. Dabei waren Amon Düül 2 die erste Band gewesen, die im Ausland gezeigt hatte, dass auch Krauts Rock im Blut haben konnten. Ohne diese Vorarbeit hätten es Kraftwerk schwer gehabt im Leben.
PS: Die bizarre Geschichte von Amon Düül 2 endete nicht mit «Vive La Trance». Vorerst folgten noch einige weniger berauschende Alben mit weiterhin ständig wechselnden Besetzungen, die nun doch noch in den Bereich des «gewöhnlichen» Pop-Rock rutschten und dem Ruf keineswegs gut taten. In den achtziger Jahren veröffentlichte der inzwischen in Wales lebende John Weinzierl einige Alben unter dem Namen Amon Düül (UK). Eine Reunion der Ur-Gruppe führte 1995 zum bemerkenswert frischen Album «Nada Moonshine».
Ausgewählte Diskografie:
«Phallus Dei» (1969)
«Yeti» (1970)
«Tanz der Lemminge» (1971)
«Carnival in Babylon» (1972)
«Live in London» (1973)
«Wolf City» (1973)
«Utopia» (1973)
«Vive La Trance» (1974)
«Nada Moonshine» (1995)
Erwähntes Buch:
Ingeborg Schober. Amon Düül, Tanz der Lemminge – Anfänge deutscher Rockmusik in der Protestbewegung der 60er und 70er Jahre. Verlag Sonnentanz. Gebunden. 266 Seiten. € 17,90 / CHF 35,80
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