Wo sind die Abenteuer geblieben?
Gerade hat mir Paul Dunmall seine neue CD geschickt. Es ist eine doppelte. Freundlicherweise hat er noch eine weitere CD ins Päckchen gelegt, ebenfalls neu, ebenfalls von ihm. Aber sie zählt hier nicht. Sie ist nämlich bei einem richtigen Plattenlabel erschienen und kann im Shop gekauft werden. Paul ist eindeutig ein Musiker des einundzwanzigsten Jahrhunderts. Seit Jahren bekommt er in seiner Heimat, England, kaum mehr anständig bezahlte Gigs, geschweige denn lukrative Plattenverträge. So nimmt er halt seine CDs in eigener Regie auf, brennt davon ein paar hundert CD-Rs und versendet diese per Post an seine Abonnenten auf der ganzen Welt. «Duns» heisst sein Label. Es dürfte eines der sammelwürdigsten Labels überhaupt sein. Ein paar Zusatzbatzen verdient sich Paul im Sommer an den kontinentaleuropäischen Festivals – dort ist er ein gern gesehener Gast, der auch rechte Gagen bekommt und mit guten Hotels sowie essbarer Verpflegung rechnen darf. Paul trabt vielleicht insofern einen Schritt hinter dem Zeitgeist her, als er seine Musik überhaupt noch auf Silberlinge presst. Wäre er ein wirklich überzeugter Fan des Fortschrittes würde er uns seine Musik per E-mail ins Haus senden. Die Umschläge mit den selber gepinselten Gemälden würden wir dann allerdings sehr vermissen. Es ist ja schliesslich etwas ganz anderes, ob man einen CD-Umschlag dem eigenen Printer entnimmt oder aber weiss, dass ihn der Künstler höchst persönlich gefaltet und in die CD-Box geschoben hat.
Paul macht keine Popmusik. Auch kein Folk, Funk, Reggae oder gar Rock. Seine Musik ist unkategorisierbar, auch wenn sie gewöhnlich als – LeserInnen mit fragilem Nervenkostüm mögen es vorziehen, eine Zeile zu überspringen – «Free Jazz» oder «Freie Improvisation» verkauft wird. Es ist die mutigste Musik überhaupt. Sich einfach hinstellen, im Studio oder auf der Bühne, losschlagen und schauen was herauskommt – gibt es in der Musik ein kühneres